Chronik/Wien

Brennende Polizeiautos: Spuren deuten auf gezielten Anschlag hin

In der Nacht auf Montag ist es vor dem Joint Operational Office (JJO), der zentralen Stelle zur Bekämpfung von Menschenhandel und Schlepperei des Bundeskriminalamtes in Wien-Leopoldstadt zu einem gezielten Brandanschlag gekommen.

Sieben zivile Dienstfahrzeuge der Polizei wurden dabei direkt vor dem Büro in Brand gesteckt und vernichtet. 

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Die Polizei bestätigte den Vorfall und spricht von "massiv beschädigten Fahrzeugen". Am Vormittag sind erste Details zu den Ermittlungen rund um den Anschlag bekannt geworden. Die Ergebnisse erhärten den Verdacht, dass das Feuer eine gezielt kriminelle Aktion gegen die obersten Schlepper-Bekämpfer des Landes ist.

Was die Ermittler derzeit wissen: Die Örtlichkeit für den Anschlag dürfte gezielt gewählt worden sein. Auch wenn es sich um Zivilfahrzeuge der Polizei handelt, sind diese eindeutig dem Joint Operation Office, der zentralen Stelle zur Bekämpfung von Menschenhandel und Schlepperei, an der Adresse zuzuordnen.

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Denn die Parkplätze der Zivilfahrzeuge sind mit Zusatztafeln der Dienststelle beschildert, außerdem lagen die Ausnahmegenehmigungen zum Parken hinter den Windschutzscheiben der Autos.

Brandausbruch in den Radkästen

An mindestens sechs Fahrzeugen wurden an den Vorderreifen eindeutige Spuren auf Brandstiftung festgestellt. Es wurde vermutlich in Benzin oder andere brennbare Flüssigkeiten getränkte Textilien an den Radkästen der Fahrzeuge angebracht, heißt es von Seiten der Ermittler. Auffallend ist, dass bis auf eine Ausnahme alle Dienstautos im Bereich des linken Vorderreifens in Brand gesteckt wurden.

Laut den Kriminalisten konnte der oder die Täter dadurch ziemlich unbemerkt agieren, da sie am Gehsteig hockend weitestgehend vom Auto abgedeckt wurden. „Die Ausbreitung des Feuers kann ohne weiteres in der Nacht längere Zeit unentdeckt bleiben, da Fahrzeuge durch die Materialbeschaffenheit relativ schnell lichterloh brennen“, erklärt ein Fahnder.

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Textilreste

Unter einem der Wagen fanden die Kriminalisten ein Textilstück, welches vermutlich als Brandbeschleuniger eingesetzt werden sollte. Die Spuren werden nun im Labor untersucht.

Auffallend ist, dass bei einem zivilen Seat Leon die linke Vorderscheibe eingeschlagen wurde. Im Inneren des Autos fanden Tatort-Spezialisten ebenfalls Brandbeschleuniger.

Am Montag hat das Landeskriminalamt Wien und das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung damit begonnen, Videoaufzeichnungen aus der Umgebung zu sichten. Man erwartet sich davon nähere Anhaltspunkte.

„Ich verurteile den Brandanschlag der vergangenen Nacht auf das Schärfste. Es war nicht nur ein hinterhältiger Angriff auf die Polizei, sondern vor allem auch eine Gefahr für die Anwohner. Die Ermittlungen zu den Tatverdächtigen laufen auf Hochtouren“, sagt Innenminister Gerhard Karner (ÖVP).

Auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) verurteilte „den Angriff auf Bedienstete des Bundeskriminalamtes“. Die Bilder des Brandanschlages seien schockierend, so Nehammer per Twitter. Der Kanzler wünschte einem Feuerwehrmann, der bei den Löscharbeiten verletzt wurde, baldige Genesung.

Wer steckt hinter dem Angriff?

Am Montag war die Polizei mit der Spurensicherung, Sichtung von Videoaufzeichnungen aus der Umgebung und Zeugenbefragungen beschäftigt. Was das Umfeld der Tatverdächtigen anbelangt, kommen für die Kriminalisten derzeit zwei Theorien in Frage. Der Brandanschlag könnte zum einen auf das Konto der Organisierten Kriminalität gehen, die mit der Schlepperei speziell am Balkan ein Vermögen verdient.

Infrage kommen für den Staatsschutz aber auch linksextreme Gruppierungen, die sich gegen den Asylkurs der Regierung auflehnen. „Erhoben wird in alle Richtungen“, heißt es dazu aus dem Innenministerium.

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Laut Berufsfeuerwehr verständigte die Polizei die Einsatzkräfte gegen 1.30 Uhr. Sofort drang die Feuerwehr mit 15 Einsatzkräften unter Atemschutz mit zwei Löschleitungen in die Gasse ein. Nach etwa 45 Minuten war der Brand gelöscht, bei den Löscharbeiten wurde ein Feuerwehrmann leicht verletzt. Der betroffene Straßenabschnitt wurde mittlerweile abgesperrt.

Eine Anrainerin, die nicht namentlich genannt werden will, hat mehrere kleinere Explosionen gehört. "Ich habe nichts gesehen, aber ein Schleifen mit irgendwelchen Metallgegenständen habe ich schon mitbekommen", sagt die Frau, die zuerst dachte, dass das Geräusch von einer zugeknallten Tür kam.

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Die Geräusche von der Straße haben auch Irene Rydl geweckt: "Die Flammen waren einige Meter hoch und am Fenster konnte ich nicht stehen, da es aufeinmal sehr warm war".

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Das Bundeskriminalamt (BK) bestätigte dem KURIER, wonach es sich bei den sieben Fahrzeugen um Dienstkraftwagen des BK handelt. "Derzeit wird wegen des sechsfachen Verdachts der Brandstiftung und einmal wegen des Verdachts der Sachbeschädigung ermittelt. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren", sagte Polizeisprecher Daniel Fürst.

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