Wie Placido Domingos Denkmal Zuflucht in Traiskirchen fand
Von Josef Gebhard
Eine sommerliches Lüfterl der Empörung schwappt dieser Tage über die Mariahilfer Straße. Diesmaliger Stein des Anstoßes: Mit der Neupflasterung der Fußgängerzone wird die "Straße der Sieger" – 160 im Boden eingelassene Hand- und Fußabdrücke von Sportlegenden – entfernt. Man suche aber nach einem Ersatzstandort für die Steine, beteuern Stadt und Eigentümer Generali unisono. Die ÖVP ist dennoch entrüstet: "Warum schleift Maria Vassilakou die Straße der Sieger?", fragt sich Obmann Manfred Juraczka.
Im Zuge der Neupflasterung der Kärntner Straße verschwand 2009 klammheimlich der dortige Abschnitt der Musikmeile Wien – ein Walk of Fame aus insgesamt rund 80 Bodenplatten mit den Porträts berühmter Musiker und Komponisten. Zum Beispiel jenes von Placido Domingo, der erst ein paar Monate zuvor persönlich zur Enthüllung gekommen war.
Ausgedinge
Wenig später landete sein Denkmal mit den 40 anderen aus der Kärntner Straße auf dem Hof jenes Traiskirchner Steinmetzes, der die Platten seinerzeit hergestellt hat. Dort verstauben sie bis heute.
Rückblende: Die Musikmeile kam 2001 auf Initiative der VBW zustande. Pro Jahr kamen zwei bis drei neue Platten dazu, nicht nur in der Kärntner Straße, sondern unter anderem auch vor dem Theater an der Wien. Dazu kam ein eigener Audioguide und eine Homepage. Rund 720.000 Euro hat die Tochter der Wien Holding für die neue Sehenswürdigkeit der Musikstadt Wien springen lassen. Das Geld stammte aus Gewinnen von Auslandsgeschäften.
Kein gutes Investment, wie sich schon nach einigen Jahren zeigte: "Es hat sich herausgestellt, dass die Platten dringend saniert werden mussten. Einzelne Namen waren nicht einmal mehr lesbar", erzählt Simon Posch, Direktor des Haus der Musik. Das Museum gehört ebenfalls zu Wien Holding und ist seit 2010 für die Musikmeile zuständig.
Die Evaluierung des Projekts brachte dann die böse Überraschung: "Eine Sanierung hätte bis zu 700.000 Euro gekostet", heißt es bei der Wien Holding. "Das wäre unwirtschaftlich gewesen."
Also beschloss man: Die Steine werden schrittweise entfernt, sobald der jeweilige Straßenzug saniert wird. Als erstes waren jene in der Kärntner Straße dran, die weiteren werden früher oder später ebenfalls am Traiskirchner Lagerplatz landen.
"Jede andere Lösung wäre nicht im Sinne der Steuerzahler gewesen", sagt Posch. War also rückblickend das gesamte Projekt ein Fehlgriff? Hat man am Ende gar bei der Qualität des Materials gespart? Bei der Wien Holding verneint man: "Die Steine entsprechen dem Stand der Technik vor 15 Jahren." Und weiter: "Es haben sich die Rahmenbedingungen geändert: Musiker mit Steinen im Boden zu bewerben, ist heute nicht mehr zeitgemäß." Man investiere das Geld lieber in modernere Projekte im Haus der Musik. Die ausrangierten Platten werden vielleicht eines Tages für einen guten Zweck versteigert.
Falls es Interessenten gibt. Denn die fehlenden Steine auf der Kärntner Straße hat bis dato kaum jemand vermisst, weiß Posch: "Wir hatten gerade einmal drei Anfragen zu ihrem Verbleib."