Chronik/Wien

Von Stand-up und Tagebuchlesungen: Eine Bühne für Jeden

"Wusstet ihr, dass mehr Männer als Frauen Selbstmord begehen? Ich finde, wir Frauen können uns das nicht gefallen lassen.  Da müssen wir aufholen, wir fordern Gleichberechtigung!“, sagt Nibal auf Englisch.

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Die junge Stand-up-Comedian weiß, wie man Tabus bricht und sie ausspricht. „Wenn man in meinem Land sagt, man ist depressiv oder selbstmordgefährdet, dann nimmt einem das keiner ab. Sie sagen: Geh doch einfach vor die Tür und das Problem ist gelöst“. Nibal kommt aus Syrien. „Humor hilft mir und ich glaube auch vielen anderen hier, mit schwierigen Themen umzugehen“, erklärt sie in der Pause des English-Stand-Up-Event im Mi Barrio im 6. Bezirk.

Montag 
Open-Mic-Stand-Up ab 20 Uhr im Loop loop.com

Dienstag
„Lach a bissi“ um 20 Uhr in der Coco-Bar eventbrite.com

Mittwoch
„Vienna Comedy Club“  ab 5. Juli im Radisson Red Hotel viennacomedyclub.com

Donnerstag
Im Jo & Joes im Ikea startet Comedy ab 19.30 Uhr
joandjoe.com

Samstag/Sonntag
Im Café Votiv gibt es eine Comedy-Bühne ab 20 Uhr am Samstag (Nimsaj Comedy), am Sonntag ab 19.30 Uhr (Funday Comedy); Clown Fish Comedy gibt es im Black Sheep Pub ab 20 Uhr eventbrite.com

Jeden Mittwoch treten hier Stand-up-Comedians auf. Oder jene, die es ausprobieren wollen, auf einer Bühne zu stehen und Menschen zum Lachen zu bringen. Ab Juli sind sie dann auf der Dachterrasse im Hotel Radisson Red. Der Eintritt ist gratis, freie Spenden willkommen. 

„Und wer ist dafür, dass Frauen die Abtreibungspille allein bezahlen?“, fragt Nibal. Einige Männer zeigen auf. „Du findest, dass Männer das nicht zahlen sollten? Was glaubst du, kommt danach? Wie viel wird es dich kosten?“ Die Besucher brechen in Gelächter aus, Besucherinnen klatschen. 

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Jeder kann hier fünf Minuten auf die Bühne, wenn er will. Das Event organisiert und moderiert Kat Saito, die selbst auf internationalen Bühnen Erfahrungen sammelte. Man kann ihr etwa per Instagram (Vienna Comedy Club) schreiben, und schon geht es los.

Aufgewärmtes Publikum 

„Wer ist denn aller heute hier?“, fragt Kat Saito, um die Menschen „aufzuwärmen“, wie sie sagt. „Wir haben hier ein Date“, sagt ein Besucher. Seine Begleitung wird sichtlicht rot und sagt: „Jetzt wissen es alle.“  Wieder lachen die Besucher laut auf.

Auf die zwei Quadratmeter große Bühne kommt auch Jack Holmes. Der 32-Jährige lebt mittlerweile von seinen Auftritten als Stand-up-Comedian. Ursprünglich wollte der Engländer vor zwölf Jahren eine Punkband gründen.  Bei seinen Konzerten wurde aber mehr gelacht als mitgesungen, meint er. Auf der Bühne spricht er über seine ADHS-Erkrankung. „Auf der Medizin-Verpackung steht ernsthaft Retard (Anm.: Idiot auf Englisch)“, erzählt er. Und das sei kein Scherz.

Andere Stand-up-Comedians erzählen von schief gegangenen Dating-Erfahrungen, wie die 42-jährige Tanja. Die Uni-Mitarbeiterin verpackt intime Erfahrungen in Lieder, wie  „Nacktbilder“, die sie  geschickt bekommt. Der aus der Türkei stammende Berk macht hingegen Witze über Neoliberalismus, der aus Ägypten stammende Sammy erzählt von Frauen, die in der Nacht glaubten, er wolle sie ausrauben, nur weil er eine dunkle Hautfarbe hat.  „Man muss sich verletzbar machen auf der Bühne“, erklärt der Comedian, der eigentlich Chirurg ist.

Liebesbrief an Popstar

Noch eine Funktion hat die Comedy für Künstlerin Nibal:  „Für viele ist das auch eine Art, sich zu integrieren, über Integrationsprobleme zu sprechen.“  Der ukrainische Comedian Kostyantyn S. erhofft sich hingegen Reichtum: „Ricky Gervais hat 40 Millionen für eine Stunde auf Netflix bekommen, Ellen De Generes 20 Millionen“.   

 

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Unterhaltende Geheimnisse bringt man auch bei Tagebuchlesungen auf die Bühne: Seit zehn Jahren organisiert sie Diana Köhle. Sie finden im Theater an der Gumpendorfer statt, im Sommer im Usus auf der Donauinsel. Nichts ist so lustig, wie das eigene Ich der Vergangenheit, ist die Devise. Als bei vergangener Vorstellung eine über 30-Jährige einen innigen Brief an Brian von den Backstreet Boys vorlas, wurden Tränen gelacht.