Vergewaltigungsprozess: Frau nachts durch die halbe Stadt verfolgt
Das "Nein" der Frau hat der 24-jährige Tunesier verstanden, der am Dienstag wegen Vergewaltigung im Landesgericht für Strafsachen in Wien angeklagt ist. "Aber sie hat gemeint, ich soll nicht mit ihr sprechen", so seine Erklärung.
Der junge Mann, der sich illegal in Österreich aufhält - er war zwei Mal illegal eingereist - soll einer 26-Jährigen im vergangenen März durch die ganze Stadt gefolgt sein und sie schließlich vergewaltigt haben. Nur weil ein Pärchen zufällig vorbeikam, ließ er von der Frau ab und flüchtete.
Der Zwischenfall ereignete sich in der Nacht auf den 18. März. Die 26-jährige Frau war im U4 feiern. Auch der Angeklagte war dort. "Ich habe viel getanzt, habe Freunde gemacht. Ich hatte eine gute Zeit", schildert er. Als er um 4 Uhr das Lokal verließ, habe ihn die Frau angelächelt. "Das hat mich gefreut, dass mich eine hübsche Frau anlächelt."
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Gemeinsam gingen sie zur U-Bahn. Es kam zu einem Kuss. "Erst hat sie ihn erwidert, hat dann aber gesagt, dass sie das nicht will", schildert die Staatsanwältin. Ein "Nein", das der Angeklagte nicht verstand. Beim Umsteigen in der U-Bahn-Station Spittelau suchte die Frau Hilfe bei einem Pärchen. Man tauschte sogar Telefonnummern aus.
Vorfall wird unterschiedlich erzählt
Das Angebot, dass man sie bis zur Wohnung begleitete, lehnte sie ab - der Angeklagte war nicht mehr zu sehen. "Er hat den Waggon gewechselt, sein Sakko ausgezogen, sich hinter einer Säule versteckt", erzählt die Staatsanwältin, es gibt entsprechende Bilder aus den Überwachungskameras.
Doch Stationen später war er wieder da. "Er hat sie an den Schultern gepackt, sie gegen die Gitter eines Basketball-Käfigs gedrückt." Als die Frau stürzte, habe er sie am Boden fixiert und ihr die Hose heruntergezogen.
Die Frau schrie um Hilfe, schließlich kam ein weiteres Pärchen zu Hilfe. Der Mann flüchtete.
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Die Version, die der 24-jährige Tunesier erzählt, klingt anders. Man habe gemeinsam in der Wohnung der Frau weiter feiern wollen. Als sie "nein" sagte, habe er nur noch nach ihrer Nummer fragen wollen - und plötzlich sei "die Stimmung wieder zurückgekehrt".
"Wir haben nicht über komplizierte Sachen gesprochen"
Der Angeklagte spricht kein Deutsch. "Wie haben Sie sich unterhalten?", fragt die Richterin. "Auf Englisch", erwidert der Mann, der auch einräumt, gar nicht so gut Englisch zu sprechen. "Aber wir haben ja nicht über komplizierte Sachen gesprochen."
Als die Frau auf den Boden stürzte, habe er sich Sorgen um sie gemacht. Der Frau sei schwindelig gewesen, meint er. "Are you ok?", habe er gefragt.
Sex habe er gar nicht im Sinn gehabt. Allerdings: "Ich habe sie mit meinem Penis berührt", gesteht er ein. "Meine Hose war verrutscht."
Woher die Frau das blaue Auge, die geschwollene Wange und die blauen Flecken gehabt habe? Das kann sich der Angeklagte nicht erklären. Die Richterin bläht die Wangen auf: "Dann wird sie sich selbst verletzt haben."
Rechtsanwalt Manfred Arbacher-Stöger unterbricht die Verhandlung für ein Gespräch mit seinem Mandanten - das, obwohl im Nebenzimmer bei geschlossener Tür geführt, lautstark ausfällt.
Fünf Minuten später sagt der Jurist: "Im Namen meines Mandanten gebe ich eine Erklärung ab. Er wird sich vollinhaltlich schuldig bekennen. Er hat die Beeinträchtigung der jungen Frau erkannt und sich gedacht, dass sie leichte Beute ist. Mehr wird er nicht sagen."
Die Befragung des Opfers findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Urteil: Fünf Jahre Haft; nicht rechtskräftig.