Chronik/Wien

Van der Bellen will makellos sein

Van der Bellen ist Gemeinderat mit Verspätung. 18 Monate nach der rot-grünen Angelobung gab der Ex-Grün-Boss den Wechsel nach Wien bekannt. Wieso?

KURIER: Herr Van der Bellen, wie schwer wiegt Ihr schlechtes Gewissen?

Van der Bellen:Der Vorwurf, dass ich mein Mandat trotz 12.000 Vorzugsstimmen nicht angenommen habe, hat schon in mir gearbeitet.

Sie galten als Professor, der 12.000 Wähler täuschte. Hat Sie das überrascht?

Nein, damit musste ich rechnen. Aber die Kritik der Journalisten war lauter als jene der Leute auf der Straße. Nun gibt es die Möglichkeit, diesen Makel zu korrigieren.

Die Grünen sorgen mit ihrer Parkpickerl-Politik für Unmut. Ist es Ihr Job, den Ton zu versachlichen und bürgerliche Grün-Wähler bei der Stange zu halten?

Das sehe ich anders. Meine Kollegen im Klub sind professionell. Es ist deren Verdienst, dass Rot-Grün funktioniert. Nicht meins. Anders als in der Regierung im Bund wird in Wien ja konstruktiv gearbeitet.

Ihre Beziehung zu den Wiener Grünen war oft schwierig. Die Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP 2003 scheiterten vor allem am Widerstand der Wiener Kollegen.

Das Verhältnis war nicht immer das beste, ja. Es wäre mir oft lieber gewesen, die Wiener würden sich mehr um Kommunal- und weniger um Bundespolitik kümmern. Doch das ist spätestens seit dem Wahlkampf 2010 Vergangenheit. Und die Verhandlungen mit der ÖVP scheiterten, weil wir uns mit der ÖVP auf kein Programm einigen konnten.

Sie haben 2010 kein Hehl daraus gemacht, dass Ihnen das Parlament näher ist als das Rathaus. Ist es glaubwürdig, wenn Sie nun über Kreisverkehre statt Krisenpakete abstimmen?

Man muss im Leben auch Neues wagen. Ich werde mich mehr um die Unis kümmern. Und Rot-Grün hat bundespolitische Bedeutung. Für uns könnte es zum Probelauf für eine Koalition im Bund werden.

Ist Alexander Van der Bellen wieder weg, wenn Rot-Grün im Bund kommt?

Nein, es wird aber schwer, eine Mehrheit zu bekommen und es gäbe dann auch be­rufenere Kollegen.

Der Wiener Elchtest: Wissen Sie, wie die Parteichefs der Oppositionsparteien heißen?

Der von der ÖVP heißt Manfred Juraczka. Bei den Blauen ist Strache vorne und das BZÖ ist im Rathaus Gott sei Dank nicht vertreten.