Treffpunkt Wien: Der Metzger kommt ins Paradies
Es einfach Still-schweigend hinnehmen? Nein! Stattdessen im (nächsten) Metzger die Literaturkritiker erschrecken.
Bestsellerautor Thomas Raab erklärt: "Still, mein letzter Roman, wurde sehr zwiespältig angenommen. Es gab Hymnen in vielen Tageszeitungen, auch im Spiegel, einen Verriss in der Welt. Es gab aber auch Kritiken, wo man sich fragt: Warum so untergriffig? Meine Frau hat dann gemeint: ,Vielleicht wollten die das gleiche Buch schreiben und du bist ihnen zuvorgekommen.‘ Und ich wusste mit einem Mal genau, worüber ich jetzt schreiben wollte."
Ab kommender Woche ist Raab mit "Der Metzger" auf Lesereise. Weil ihn die ersten Lesungen immer ein wenig nervös machen, muss er sich zuvor stärken; und zwar nicht nur mental, sondern auch kulinarisch. Letzteres macht er besonders gern im indischen Restaurant Rani.
Ins Blaue fahren
Ob für die Entwicklung von Kriminalromanen nicht ein unglaublich ausgeklügelter Plan notwendig ist? Thomas Raab muss wieder lachen – und verneint. "Bei mir ist das wie beim Reisen. Ich fahre gerne ins Blaue, ohne zu wissen, wohin es geht. Ab der Hälfte mach ich mir dann Gedanken über den Heimweg. Der Rückweg kann der gleiche sein. Hauptsache er führt ans Ziel. Genauso ist es für mich, wenn ich einen Krimi schreibe. Ich finde, wenn man zu viel plant, verliert man das Auge für Überraschungen."
In dem Moment wird dem ehemaligen Lehrer das Hühner-Curry serviert. Hier gibt es keine Überraschung; das Essen ist gut wie immer. Das Rani kennt Raab, seit es das Lokal in viel kleinerer Ausführung in der Otto-Bauer-Gasse gab. Denn die Tochter von Lokalchef Lal Jagtar war Raabs Schülerin im Amerlinggymnasium.
Weder Wien noch Berlin
Die Wiener Kaiserstraße, die von hier nur eine Parallelstraße entfernt ist, ist übrigens nicht jene Kaiserstraße, die im Buch vorkommt.
Thomas Raab lässt seinen Metzger bewusst in keiner bestimmten Stadt spielen. "Was würde ich dann machen, wenn ich einen Baggerteich brauche, um etwas rauszuziehen, aber keiner in der Nähe ist? Wenn jetzt der Metzger aus dem Fenster schaut und eine Kirche sehen möchte, dann schreib ich sie mir einfach hinein."
Es scheint fast so, als wäre der Metzger eine reale Figur. Für Raab fühlt es sich wohl auch so an: " Je näher die letzten Seiten kommen, desto klarer wird mir, dass ich ganz viele Figuren nie wiedersehen werde, dass ich mich von ihnen verabschieden muss. Es gab bis jetzt noch kein Buch, bei dem ich am Ende nicht geweint habe."
Zumindest den Metzger sieht er wieder. Raab arbeitet bereits am nächsten Teil. Sowie an einem weiteren Projekt. Ob das auch ein Krimi wird? "Ich glaub nicht", sagt er und ergänzt schmunzelnd: "Aber wer weiß, vielleicht kommt mir doch wieder ein Toter dazwischen."