Wärmestube für Kirchenbesetzer in der Uni
Von Elias Natmessnig
Das Institut für Soziologie an der Universität Wien hat derzeit einige außerordentliche Hörer mehr. Die Asylwerber, die seit mehr als 40 Tagen in der Votivkirche für ihr Anliegen kämpfen, haben unter den Studenten der Soziologie einige Unterstützer gefunden. Schon seit Beginn der Besetzungsaktion können die Asylwerber daher Räumlichkeiten des Instituts am Rooseveltplatz 2 für sich nutzen. Bei einem Lokalaugenschein am Montag befanden sich etwa 20 Besetzer im Institut, der Rest in der Kirche.
Andere Institutsmitarbeiter sind ob der neuen Gäste allerdings weniger erfreut. Das Behinderten-WC im ersten Stock verfügt über eine Dusche und wird daher von den Asylwerbern stark frequentiert. Auch die Spinde, sonst zum Verstauen von Lehrmaterialien oder Mänteln der Studenten gedacht, sind mehrheitlich von den Asylwerbern besetzt. „Da werden nasse Handtücher reingestopft, der Boden und die WCs sind ständig völlig verdreckt“, sagt eine Mitarbeiterin des Instituts, die nicht namentlich aufscheinen will. Zusätzlich sei es auch zu Sachbeschädigungen gekommen. Die Putzfrau habe zudem die Reinigung der Dusche abgelehnt.
Darum kümmert sich mittlerweile die Studienrichtungsvertretung. Wie lange die Studenten den Asylwerbern noch Räume zur Verfügung stellen, ist aber offen. „Jetzt kommen die Semesterferien, im März muss man das neu besprechen“ ,sagt Hradil.
Der Institutsvorstand war am Montag für eine Stellungnahme nicht erreichbar, das Büro des Uni-Rektors Heinz Engl verwies darauf, dass die genutzten Räume von der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) verwaltet werden. „Die ÖH ist daher dafür verantwortlich. So lange der Lehrbetrieb normal laufen kann, ist das aber in Ordnung“, sagte eine Sprecherin der Universität.
Prüfung
Das Büro für öffentliche Sicherheit hat unterdessen die Camp-Räumung vor der Votivkirche am 28. 12. geprüft. Wie der KURIER erfuhr, liegt bereits eine Rohfassung des Prüfberichts vor. „Nächste Woche wird es hierzu ein Gespräch mit dem Wiener Polizeipräsidenten geben“, sagt ein Sprecher des Ministeriums. Erst dann werde die Öffentlichkeit informiert.
Kardinal Schönborn warnt indes vor ideologischem Missbrauch. In einer Predigt am Sonntag übte Wiens Oberhirte heftige Kritik an Aktivisten.
Am Mittwoch haben die Flüchtlinge in der Votivkirche ihren Hungerstreik unterbrochen: zur Erleichterung all jener, die in Sorge um die geschwächten Männer waren. Und ein paar Tage zuvor schenkte ihnen der Polizist Uwe Sailer den ihm verliehenen „Ute-Bock-Preis für Zivilcourage“ – und sie spendeten die 3000 Euro prompt an die Caritas weiter: für Menschen in Not in Österreich.
Das nur zur Info für all jene, die der Meinung sind, diese Asylwerber hätten keine Unterstützung und schon gar kein Mitleid verdient. Denn erstaunlich viele Menschen haben in Mails die Meinung kundgetan, dass Menschenrechte nicht für alle Menschen zu gelten brauchen. Asylwerber haben demnach weniger Recht auf menschenwürdige Behandlung, weil selber schuld, sie hätten ja nicht herkommen brauchen.
Zahlreiche Mails enthielten die Forderung, jene ÖsterreicherInnen, die von der Politik menschenwürdigen Umgang mit Asylwerbern fordern, sollten diese Flüchtlinge doch selber bei sich zu Hause aufnehmen. Dieser Vorschlag ist genauso grotesk wie die Idee, dass jeder, der auf einer Autobahn fahren will, diese mit seinen eigenen Händen in die Landschaft pickeln muss. Für derlei zahlen wir reichlich Steuern, für die wir nicht nur Straßen, ein Bildungssystem und Eurofighter erwarten dürfen, sondern auch, dass alle Menschen in diesem Land, egal aus welchen Gründen und mit welchem Recht sie hier sind, mit Respekt und Würde behandelt werden.
Nichts Maßloses wird gefordert: menschenwürdige Unterkünfte, schnelle, faire Asylverfahren und das Recht, während deren Dauer für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Die Innenministerin sagte am Mittwoch, sie sehe keinen Anlass, den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Das heißt: Asylwerber dürfen nicht arbeiten – außer als Saisonarbeiter in Landwirtschaft und Tourismus. Und als Prostituierte. Mit dieser Regelung sei Österreich „vorbildhaft“ im internationalen Vergleich, sagte Mikl-Leitner. Ah. Ach so.