Chronik/Wien

Parkpickerl vertreibt Unternehmer

Michael Hofbauer weiß noch nicht, wohin er übersiedelt. Nur eines steht für den Mechaniker fest: Dass er seine Kfz-Werkstatt in Hernals schließen und mit dem Betrieb abwandern wird. Denn seit im 17. Bezirk das Parkpickerl eingeführt wurde, ging sein Umsatz um 30 Prozent zurück.

Und Hofbauer ist nicht der einzige Unternehmer, der Wien aus diesem Grund den Rücken kehren will.

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„Seit es das Parkpickerl gibt, sind die Kunden verunsichert – sie rechnen mit Problemen bei der Abholung der Autos“, erklärt der Kfz-Mechaniker. „Früher konnten wir die reparierten bzw. die zur Reparatur gebrachten Autos einfach auf die Straße rausstellen. Aber heute müsste ich andauernd rausrennen, um bei zehn bis 15 Pkw Parkscheine zu wechseln. Ich bin weder bereit, diesen Aufwand zu betreiben, noch die Parkscheine zu bezahlen.“ Stattdessen stellt Hofbauer die Autos seiner Kunden im Mini-Innenhof vor seiner Werkstatt ab – wo er sie ob des Platzmangels andauernd umstellen muss.

Bereits ins Wiener Umland übersiedelt ist Spengler Norbert Lindner. Er wanderte mit seinen 35 Mitarbeitern nach Klosterneuburg ab. Und das, obwohl er seinen Firmensitz in Währing hatte – wo es bis dato kein Parkpickerl gibt. „Aber früher oder später wird es kommen. Und dann müsste ich einerseits für meine zehn Firmenautos zahlen. Das zahlt sich nicht aus. Und andererseits kommen meine Mitarbeiter mit dem Auto in die Arbeit. Die würden alle keinen Parkplatz mehr haben.“

Keine genauen Zahlen

Im Februar führte der Wirtschaftsbund eine Unternehmerbefragung im 14., 15., 16., 17. und 19. Bezirk durch. 557 Fragebögen wurden retourniert. 72,8 Prozent der Unternehmer meinten, das Parkpickerl habe negative Auswirkungen auf ihren Betrieb; 70 Prozent sagten, es wirke sich schlecht auf ihre Mitarbeiter aus; und 68 Prozent sahen Nachteile für ihre Kundschaft.

Konkrete Zahlen, wie viele Betriebe aufgrund des Parkpickerls bereits abgesiedelt sind, gibt es aber nicht. „Unternehmer begründen ihre Abwanderung in der Regel nicht“, erläutert man seitens der Wirtschaftskammer. Zudem gibt es zumeist mehrere Gründe für einen Standortwechsel.

Fakt ist, dass allein in Hernals heuer 352 Firmen verschwanden – pro Monat um 15 Prozent mehr als im jeweiligen Vergleichszeitraum des Vorjahres. Allerdings geht auch aus dieser Statistik nicht hervor, für wie viele Abgänge das Parkpickerl verantwortlich ist.

ÖVP-Bezirkschef Klaus Heintzinger ist überzeugt, dass der Anteil beträchtlich ist. „In Unternehmerkreisen ist von rund 50 Betrieben die Rede, die wegen des Parkpickerls zusperren, verkaufen, lieber in Pension gehen oder eben abwandern.“

Fakten: Parken in Wien

Parkpickerl gibt es in den Bezirken 1. bis 9, 12 und 14 bis 17 sowie im 20. Wer dort hauptgemeldet ist, kann ein Pickerl beantragen.

Kosten: 1. bis 9. Bezirk, 15. Bezirk im Bereich der Stadthalle sowie 20. Bezirk: 120 € (1 Jahr) bzw. 240 € (2 Jahre).

12. und 14. Bezirk, 15. außerhalb des Stadthallenbereichs sowie 16. und 17.: 90 € bzw. 180 €.

In Wien wird es künftig mehr Parkplätze geben, die für Anrainer reserviert sind – sofern das die Bezirke wollen. Nach einer Pilotphase in Mariahilf, Neubau und der Josefstadt, können auch andere Parkpickerl-Bezirke das Anwohnerparken einführen. Gleichzeitig wird der zulässige Anteil jener Stellflächen, die für Bewohner vorgesehen sind, auf 20 Prozent erhöht. Ein noch höherer Anteil ist laut Büro der zuständigen Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou nicht möglich.

Der erste Bezirk hat bereits angekündigt, das volle Kontingent auszuschöpfen. Das wären rund 2400 reservierte Stellplätze in der Inneren Stadt. Eine Ausdehnung überlegt man auch in der Josefstadt. Bis Herbst soll eine entsprechende Einigung erzielt werden.

In Mariahilf wird es künftig ebenfalls mehr reservierte Stellplätze für Anrainer geben. Beginnend bei der Königsklostergasse, die Mariahilfer Straße stadtauswärts bis zur Stumpergasse und entlang der Gumpendorfer Straße retour werden 20 Prozent der Parkplätze den Bewohnern zur Verfügung gestellt.

Empfehlungen

Seit Kurzem liegt auch der Endbericht jener Expertenkommission vor, die sich in den vergangenen Monaten mit der Zukunft der Parkraumbewirtschaftung in Wien beschäftigte. In dem Gremium waren unter anderem Verkehrsplaner, die Autofahrerclubs und Umweltexperten vertreten. Die wichtigsten Ergebnisse und Empfehlungen: Zum Thema Kurzparken wurde eine Studie in Auftrag gegeben, die die Auswirkungen einer preislichen Staffelung je nach Nähe zum Zentrum untersucht.

Auch der weitere Ausbau von Wohnsammelgaragen soll forciert werden – bei einer gleichzeitigen Reduktion von Oberflächenstellplätzen beim Neubau von Garagen. Ziel ist eine Verringerung im Ausmaß von mindestens einem Drittel der in der Garage befindlichen Anzahl der Parkplätze, heißt es in dem Bericht.