Manager tauscht Gießerei gegen historisches Karussell
Von Bernhard Ichner
Für Ernst Hrabalek schließt sich ein Kreis. Als der 71-Jährige mit dem böhmischen Namen Mitte Juli im KURIER las, dass eines der ältesten Karusselle Österreichs zum Verkauf stand, entschied der Unternehmer binnen weniger Minuten, seinen Lebensabend als Schausteller im Böhmischen Prater zu verbringen. In seiner Kindheit war er ja auch oft dort.
Aufgewachsen in der alten Per-Albin-Hansson-Siedlung habe er in Monte Laa, am Laaer Berg, „sein Revier“ gehabt, erzählt Herr Hrabalek. Mit dem Böhmischen Prater seien nur schöne Kindheitserinnerungen verbunden. Hierher kam er mit den Eltern und der Schwester. Der Vater, ein Eisenbahner, habe zwar nicht viel Geld gehabt – aber für kleine Vergnügen habe es gereicht. Noch heute erinnert sich der 71-Jährige an so manchen Ritt auf den weißen Rössern des alten Ringelspiels. Die galoppieren bereits seit 1890, als Kaiser Franz Joseph der Eröffnung der Prater-Attraktion beigewohnt haben soll.
Und dann stand genau dieses Karussell auf einmal in der Zeitung. Der Besitzer, Karl Mayer (62), suchte ob bevorstehender Pensionierung einen Käufer für seine Attraktionen und sein Haus auf dem Laaer Berg.
Bauchgefühl
„Fünf Minuten hab ich für die Entscheidung gebraucht. Ich bin Zeit meines Lebens meinem Bauchgefühl gefolgt“, erzählt Hrabalek. Und weil dann zwischen ihm und dem Koarl (Mayer) auch noch auf Anhieb die Wellenlänge gestimmt habe – „zwei Monte-Laaer, derselbe Slang“ – habe er gekauft. (Der Preis wird nicht verraten – „ein Gentlemen’s Agreement“.)
Finanzielle Motive habe er jedenfalls nicht, versichert Hrabalek. Ums Verdienen gehe es ihm nicht. „Sondern darum, dass ich der Stadt was Schönes zurückgeben will.“ Weil Wien, das liege ihm am Herzen. Nicht nur, weil die Mutter Bedienerin bei Bürgermeister Franz Jonas war und er selbst „ein guter Freund vom Helmut Zilk“.
„Ich will, dass der Böhmische Prater so bleibt, wie er ist: ruhig, ein Freizeitspaß für die Familien, und nicht gefährlich“, betont der Neo-Schausteller. Ein paar neue Ideen bringe er aber schon mit, sagt der Unternehmer, der bis dato die Mödlinger Gießerei „Becker Guss“ leitet. Der Betrieb fertigte etwa das Alban-Berg-Denkmal an, das kürzlich vor der Staatsoper enthüllt wurde.
„Das war Bestimmung“
Herr Mayer, der das Karussell 44 Jahre lang betreiben hat und an seinem Arbeitsplatz auch zu Hause war, verspürt zum Abschied zwar Wehmut. Für ihn beginne jetzt aber ein neuer Lebensabschnitt – „Reisen, Ruhe, Garteln, Freunde treffen“. Dafür blieb bisher wenig Zeit. Freie Wochenenden oder Sommerurlaube gibt es für einen Schausteller nicht.
Doch die Wehmut halte sich in Grenzen. Einerseits, weil Herr Mayer sein Ringelspiel „an so einen netten, sozialen Menschen übergeben kann, der schon als Kind da war – das war Bestimmung“. Und zum anderen, weil er sich nicht weit entfernt. Nur 200 Meter neben dem Böhmischen Prater steht in der benachbarten Kleingartensiedlung sein neues Domizil.
Der künftige Karussell-Chef Hrabalek sucht jetzt übrigens ebenfalls einen Nachfolger. Und zwar für „Becker Guss“. Auch ein Verkauf wäre eine Option.
Infos und Termine: www.böhmischerprater.at