Chronik/Wien

Beinschab packt im Karmasin-Prozess aus: "Nicht verrechnen. Darf nichts verdienen"

Eigentlich hätte Sabine Beinschab schon Ende April im Prozess gegen Ex-Ministerin Sophie Karmasin zu Wort kommen sollen - es wäre der erste Auftritt der Kronzeugin in der Öffentlichkeit gewesen.

Doch es kam anders, die Befragung anderer Zeugen verzögerte sich, Richter Patrick Aulebauer wollte auf Nummer sicher gehen.

"Die Befragung von Frau Beinschab wird wohl länger dauern. Ich will nicht bis Mitternacht mit den Schöffen hier sitzen." Und so wurde Beinschab, die sich bereits vor der Großen Schwurgerichtssaal im Landesgericht für Strafsachen in Wien aufhielt, wieder nach Hause geschickt.

Dienstag: Prozess beginnt um 9.30 Uhr

Dienstag, heute, war es allerdings soweit. Beinschab war die einzige geladene Zeugin an dem Verhandlungstag.

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Sie sollte Auskunft über die Geschäftspraktiken von Ex-Ministerin und Meinungsforscherin Karmasin geben. Ihr wird schwerer Betrug und Wettbewerbs-Absprache vorgeworfen. So soll unter anderem Beinschab überhöhte Scheinangebote gestellt haben.

Hier der Live-Ticker als Nachlese:

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Was bisher am dritten Prozesstag geschah

Bevor Beinschab zu Wort kam, konfrontierte Richter Patrick Aulebauer Karmasin mit Unterlagen, aus denen hervorging, dass diese schon Ende 2017 - unmittelbar nach dem Ende ihrer politischen Tätigkeit - ernsthafte Jobaussichten hatte. Dessen ungeachtet beantragte die Ex-Ministerin die gesetzlich vorgesehenen Entgeltsfortzahlungen aus ihrem früheren Ministeramt und nahm diese in weiterer Folge auch in Anspruch.

Zum einen entwickelte Karmasin mit Beinschab schon im November 2017 eine geschäftliche Kooperation, zum anderen hatte sie Mitte Dezember 2017 Aussichten auf einen beruflichen Einstieg bei einem Schweizer Beratungsunternehmen. „Ich bin nicht ganz naiv, es war ja noch kein Vertrag unterschrieben“, meinte dazu die Ex-Politikerin. Sie räumte jedoch ein, „heilfroh“ über dieses Angebot aus der Schweiz gewesen zu sein: „Deshalb habe ich mich in Verhaltensökonomie so spezialisiert.“ Wenn sie von dem Schweizer Kollegen engagiert worden wäre, „hätte ich keine Entgeltsfortzahlung gemacht. Leider hat er sich nicht gemeldet.“

Mit Beinschab wiederum war schon ein Businessplan erstellt worden. „Es gab so viele Möglichkeiten. Das kann ich Ihnen gar nicht mehr aufzählen, was wir alles überlegt haben“, meinte dazu Sophie Karmasin. Es sei aber „nichts davon umgesetzt“ worden.

Ab Anfang 2018 hielt Karmasin - wenn auch nicht in hoher Zahl - entgeltlich Vorträge und bezog weiter Bezüge aus ihrer früheren ministeriellen Tätigkeit. Dazu hielt die Angeklagte fest: „Es ist ja keine berufliche Tätigkeit, um 300 Euro einen Vortrag zu halten. Das ist maximal eine Veranstaltung, um auf sich aufmerksam zu machen. Ich wollte schon einen 40 Stunden-Job in einer gewissen Tätigkeit.“ Sie sei „keine Vortragsrednerin.“ Vorträge seien „eine Möglichkeit, sich zu präsentieren“. Ein Vortrag sei „ein Strohhalm, an eine berufliche Tätigkeit zu kommen“.

3.500 Euro für Vortrag

Für einen Vortrag hätte Karmasin konkret 3.500 Euro plus Spesen bekommen, hielt ihr darauf Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic vor. „Das ist großartig“, gestand Karmasin ein, um zu ergänzen: „Das kriegt man ein Mal in zwei Jahren.“ Die Entgeltsfortzahlungen lukriert und ihre Vorträge nicht gemeldet zu haben, sei „im Nachhinein unbedacht“ gewesen: „Meine Ansicht war, dass die Anbahnung einer Tätigkeit keine berufliche Tätigkeit ist.“

Im Februar 2018 mahnte Karmasin allerdings bezüglich eines Auftrags schriftlich ein, vorerst nichts zu verrechnen, sie dürfe nichts verdienen. Darauf angesprochen, sagte Karmasin: „Es war ein Wegschieben des Themas. Im Nachhinein war es nicht die richtige Vorgangsweise.“

Wann wird es ein Urteil geben?

Die Urteile im Karmasin-Prozess sind für den 23. Mai geplant. Die Ex-Ministerin soll sich laut Anklage nach ihrem Ausscheiden aus der Politik widerrechtlich Bezugsfortzahlungen in Höhe von 78.589,95 Euro erschlichen haben, indem sie Bediensteten des Bundeskanzleramts verschwieg, dass sie ihre selbstständige Tätigkeit nach ihrer Amtszeit als Familienministerin nahtlos fortsetzte.

Von der Anklage umfasst sind weiters drei Studien für das Sportministerium, für die Karmasin nach ihrem Ausscheiden aus der Politik den Zuschlag erhielt, indem sie laut Anklage zwei Mitbewerberinnen - darunter ihre frühere Mitarbeiterin Sabine Beinschab - dazu brachte, „von ihr inhaltlich vorgegebene und mit ihr vorab inhaltlich abgesprochene Angebote an die Auftraggeber zu übermitteln, um sicherzustellen, dass die ihr zuzurechnende Karmasin Research & Identity GmbH die Aufträge bekommen würde“ (Anklageschrift).

Gegen Beinschab wurde in diesem Zusammenhang das Verfahren eingestellt, sie bekam von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Kronzeuginnen-Status zugestanden. Das Verfahren gegen die zweite Meinungsforscherin wurde diversionell erledigt, laut WKStA hat sie bereits gemeinnützige Leistungen erbracht.