Chronik/Wien

Kriegsspiele: Imam reiste in die Türkei zurück

von Daniel MElcherDie negativen Schlagzeilen über die sogenannten Kriegsspiele in der Moschee in der Dammstraße hatten auf einige Mitglieder des Moscheevereins Atib abschreckende Wirkung. Vergangenen Freitag wurden beim Gebet deutlich weniger Gläubige als üblich gezählt.

Gefehlt hat auch der suspendierte Imam Muhammed Cörekci. Der Seelsorger hat laut KURIER-Informationen Österreich mittlerweile bereits in Richtung Türkei verlassen. Ein Video belegt, dass er in der Aufführung, in denen Kinder als Soldaten sowie Tote herhalten mussten, involviert war. Die Atib-Führung hatte daraufhin Konsequenzen gezogen.

Demo vor der Hofburg

Ein weiterer Clip, der auf Facebook kursiert, zeigt den Seelsorger einen Tag nach dem Putschversuch gegen die türkische Regierung bei einer Demonstration am Wiener Heldenplatz. Am 16. Juli 2016 versammelten sich über 1000 Teilnehmer mit türkischen Fahnen vor der Hofburg, um gegen den Putsch zu protestieren. Mit einem Megafon ausgestattet, steht der Imam vor anderen Demonstranten und versucht, mit religiösen Phrasen politischen Einfluss zu nehmen.

„Gebe denjenigen keine Gelegenheit, die den Putschisten applaudieren. Gebe denjenigen keine Gelegenheit, die den Zusammenhalt und die Einigkeit unseres Landes gefährden“, skandiert der Seelsorger. „Gebe denjenigen, die in muslimischen Ländern ihr Spiele spielen und in der Türkei versuchen, den letzten Akt zu vollziehen, keine Gelegenheit.“ Nach der Ansprache sagen die Teilnehmer zusammen das muslimische Glaubensbekenntnis auf, danach bittet der Imam zur Abreise. Die Leute folgen seinen Anweisungen.

Alle Inhalte anzeigen

Obmann bei Ermittlern

Indes hat das Jugendamt (MA11) seine Erhebungen eingestellt. Nichtsdestotrotz soll es zu einer Aussprache zwischen Kinder- und Jugendanwaltschaft sowie dem Leiter des Jugendamts und Verantwortlichen von Atib kommen, sagt eine Sprecherin. Das Landesamt für Verfassungsschutz (LVT) ist derzeit noch mit den Ermittlungen beschäftigt. Der ehemalige Obmann des Moscheevereins, Adem Sert, muss sich am Donnerstag gegenüber den Ermittlern zu den Aufnahmen äußern.

Bis spätestens Freitag muss die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) dem Kultusamt Rede und Antwort stehen, was in der Moschee vorgefallen sei.

Häupl skeptisch

Schauriges Detail am Rande: Eine Verbindung zu einem anderen medial bekannten Ermittlungsfall gibt es ebenfalls. Rekrut Ismail M., der im Oktober von einem anderen Wachsoldaten in Wien-Leopoldstadt erschossen wurde, ging in der Moschee ein und aus. Er lebte im selben Grätzel in Brigittenau.

Gegenüber dem Standard erklärte Noch-Bürgermeister Michael Häupl, dass die Koranschule in der Moschee geschlossen gehöre. Eine generelle Schließung der Moschee obliege jedoch der Islamische Glaubensgemeinschaft. Bei Atib zeigt man sich von den Vorschlägen nicht begeistert: „Mehr als den Imam zu suspendieren und den Vorstand auszutauschen können wir nicht machen. Ein Vorhängeschloss dort anzubringen bringt auch nichts.“