"Koran gefährlicher als Corona": Muslime zeigen Norbert Hofer an
Von Bernhard Ichner
Wenn FPÖ-Granden in Vorwahlzeiten vor ihre Anhänger treten, dann geizen sie nicht mit provokanten Aussagen. An dieser Praxis hielt auch Bundesparteichef Norbert Hofer am Dienstagabend bei einer Kundgebung am Wiener Viktor-Adler-Markt fest. Ins Visier nahm er dabei zwei Lieblingsthemen der Freiheitlichen: die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung und den Islam.
Die Aussage "Ich fürchte mich nicht vor Corona. Corona ist nicht gefährlich. Da ist der Koran gefährlicher" dürfte nun aber ein rechtliches Nachspiel für Hofer haben. Denn gleich mehrere Vertreter der muslimischen Community wollen den ehemaligen Bundespräsidentschaftskandidaten wegen Verhetzung anzeigen.
IGGÖ erwartet Entschuldigung
Allen voran die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ). Deren Präsident Ümit Vural spricht von einer "unfassbaren Entgleisung" Hofers. "Norbert Hofer beleidigt mit dieser Aussage die gesamte muslimische Bevölkerung. Er hat aus der Vergangenheit offenbar nichts gelernt und möchte neue Gräben aufreißen", sagt Vural. Er erwartet sich eine Entschuldigung Hofers.
Zudem sei die Staatsanwaltschaft Wien aufgerufen, die Aussage des FPÖ-Chefs auf ihre strafrechtliche Relevanz hin zu prüfen. Konkret gehe es um den Verdacht der Verhetzung (§ 283 StGB) sowie der Herabwürdigung religiöser Lehren (§ 188 StGB). Die Türkisch-Islamische Union (Atib) schließt sich dem Appell an.
In dieselbe Kerbe schlägt die "Initiative Muslimischer Österreicher", ein Fachverein der IGGÖ. Obmann Tarafa Baghajati kündigt eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft an.
SPÖ übt Kritik
"Wir lassen nicht zu, dass Minderheiten und ihre Religionen zur Zielscheibe von Populisten und Rechtsradikalen werden", erklärt man auch bei der Migrantenliste SÖZ (Soziales Österreich der Zukunft), die am 11. Oktober zur Wien-Wahl antritt. Parteichef Hakan Gördü will Hofer ebenfalls wegen Verhetzung klagen.
Und auch seitens der Facebook-Plattform "FPÖ Fails" ist eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft in Arbeit.
Heftige Kritik am FPÖ-Chef übt SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. Die "herabwürdigenden Aussagen und skandalösen Vergleiche gegenüber der islamischen Religionsgemeinschaft" seien "vollkommen inakzeptabel". Auch Deutsch fordert vom Dritten Nationalratspräsidenten eine Entschuldigung "für seine diffamierende Provokation".
"Vor der eigenen Tür kehren"
Rückendeckung bekommt Hofer wenig überraschend vom Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp. Dieser richtet IGGÖ, Atib "und den weiteren überflüssigen Gruppierungen" aus, man möge doch vor der eigenen Tür kehren.
Die Genannten würden "tief im Islamistensumpf stecken" und "jegliche westliche Grundwerte wie Meinungsfreiheit oder Gleichberechtigung von Mann und Frau ignorieren", poltert der Freiheitliche. Wie berichtet, regte die FPÖ ja bereits ein Verbot der Islamischen Glaubensgemeinschaft an. Aussicht auf Erfolg hat die Forderung allerdings keine.