Chronik/Wien

Kathrin Gaal: "Neue Gemeindebauten waren kein Wahlzuckerl“

Mit Kathrin Gaal ist seit langer Zeit wieder eine Favoritnerin in der Stadtregierung.

KURIER: Sie sind bisher nur im Planungs- nicht aber im Wohnbauausschuss gesessen. Welche Qualifikationen bringen Sie für Ihr neues Amt mit?

Kathrin Gaal: Es stimmt, ich sitze seit 2005 im Planungsausschuss. Aber der Planungs- und der Wohnbauausschuss hängen natürlich zusammen. Ich bringe also die Sicht aus der Planung mit in den Wohnbau. Dazu komme ich aus Favoriten, wo sehr viel gebaut wird. Ich habe viele Wohnbauprojekte im Bezirk begleiten dürfen. Zukünftig sollen aber die beiden Ressorts enger zusammenarbeiten.

Die Lage am Wohnungsmarkt ist weiterhin angespannt. Was werden Sie unternehmen, um mehr Wohnraum zu schaffen?

Etwa mit der Wohnbauinitiative 2018 bis 2020. Da reden wir von rund 14.000 neuen, geförderten Wohnungen. 2019 wird zudem die neue Bauordnung in Kraft treten. Es wird in Zukunft keine Obergrenze bei Förderungen geben. Bis jetzt bekamen Bauträger die um mehr als 1800 Euro pro Quadratmeter gebaut haben, keine Förderung. Das fällt weg. Aber es gibt weiterhin eine Mietzinsobergrenze. Wer also mehr als 4,87 Euro pro Quadratmeter verlangt, bekommt keine Förderung.

2015 hat die FPÖ die SPÖ in den Gemeindebauten schon fast überholt. Hat man die Probleme der Menschen dort zu wenig ernst genommen?

Wenn man sich die Sprengel genau anschaut, ist es keine Sache zwischen Gemeindebauten oder geförderten oder privaten Wohnungen. Wir haben in der FPÖ einen starken Konkurrenten. Das kann man nicht auf den Gemeindebau reduzieren.

Wie wollen Sie gegensteuern? Die Integration ist ein wichtiges Thema, genauso wie Bildung und Gesundheit. Etwa, dass es Maßnahmen gibt, damit es genug Kinderärzte in der Stadt gibt. Wir wollen hier mit Wiener Wohnen mehr Hausärzte in die Erdgeschoßzonen hineinbekommen.

Die FPÖ will die Staatsbürgerschaft als Kriterium bei der Vergabe von Gemeindewohnungen. Kommt das für Sie in Frage?

Ich verweise auf das EU-Recht. Das ist schlicht nicht möglich. Aber zur hohen Lebensqualität in Wien trägt der soziale Wohnbau bei. Wir haben dort eine soziale Durchmischung. Daher bin ich auch gegen Einkommens-Checks im Gemeindebau.

Immer wieder hört man Klagen über Wiener Wohnen, etwa über fehlende Sanierungen. Was läuft hier schief?

Ich nehme diese Beschwerden sehr ernst. Aber Wiener Wohnen ist ein riesiges Unternehmen, das 220.000 Wohnungen verwaltet. Michael Ludwig hat hier viele Neuerungen auf den Weg gebracht, wie verbesserte Leistungskontrollen und Strukturen.

Bis 2020 soll es 4000 neue Gemeindewohnungen geben. Bleibt es bei diesem Zeitplan?

Bis 2020 sollen die 4000 Gemeindewohnungen auf Schiene gebracht werden. Die Projekte sind in unterschiedlichen Planungsphasen. In Favoriten ist der erste neue Gemeindebau schon in Errichtung.

Michael Ludwig hat angedeutet, das Projekt könnte wieder gestoppt werden. Waren die neuen Gemeindewohnungen also nur ein Wahlzuckerl?

Nein, das war kein Wahlzuckerl. Es ist uns ein Anliegen, wieder neue Gemeindewohnungen zu errichten. Nach Fertigstellung der jetzt geplanten werden wir das Projekt evaluieren. Alles andere wäre unseriös. Danach werden wir weitersehen.

Warum gibt es so viele Leerstände in den Gemeindebauten?

Die Leerstände gehen seit 2017 zurück. Es gibt aber einen natürlichen Leerstand, wenn etwa Wohnungen nach Umzügen oder Todesfällen saniert werden. Auch manche Verlassenschaftsverfahren können sehr lange dauern.

Aber bei privaten Wohnungen vergehen bis zur Neuvergabe oft nur zwei Monate.

Die Kritik ist nicht neu. Es gab schon Verbesserungen, wie die Zahlen zeigen. Wir werden aber noch an den Stellschrauben drehen.

Kommt für Sie eine Leerstandsabgabe für den privaten Wohnungsmarkt in Frage?

Zur Zeit nicht. Leerstand ist allgemein kein großes Thema. Er entspricht dem gesunden Niveau einer Großstadt. Die Frage ist bei einer Leerstandsabgabe ist immer: Wie und von wem wird sie eingehoben? Das Finanzressort prüft das gerade. Bei Airbnb schaue ich aber genau hin.

Zuletzt gab es Aufregung über die drohende Aberkennung der Gemeinnützigkeit des Wohnbau-Trägers WBV-GÖD. Wie ist der Stand des Prüfverfahrens?

Die WBV-GÖD hat nun einen Antrag auf Anteilsübereignung an die Stadt gestellt. Die Causa liegt beim Revisionsverband. Im Interesse der Mieter ist mir natürlich wichtig, dass die Gemeinnützigkeit erhalten bleibt.

Es sieht nicht so aus, als ob es bald zu einer Mietrechtsreform auf Bundesebene kommt. Wann werden Sie das von Ludwig und Häupl angekündigte Volksbegehren dazu einleiten?

Ich setze auf konstruktive Gespräche. Wenn das alles nicht fruchtet, werde ich mit dem Bürgermeister absprechen, wie wir vorgehen.

Angesichts des türkis-blauen Regierungsprogramms ist eine Lösung in Ihrem Sinne aber ferner denn je.

Warten wir einmal ab.