Immo-Verkäufe der Stadt werden Fall für die Justiz
Von Josef Gebhard
Nach der harschen Kritik des Rechnungshofs am Verkauf städtischer Liegenschaften schalten die Neos jetzt die Staatsanwaltschaft ein.
KURIER: Zuletzt sind den Neos im Nationalrat gleich zwei Abgeordnete abhandengekommen. Zerbröselt es die pinke Partei?
Beate Meinl-Reisinger: Gar nicht. Ich finde es schade, dass Niko Alm aufgehört hat. Ich finde es unheimlich redlich, dass er sagt, sein neuer Job ist unvereinbar mit dem Mandat. Das bräuchte es mehr in der Politik. Bei Christoph Vavrik überlasse ich die moralische Beurteilung den Menschen da draußen.
Haben die Neos ein Problem bei der Auswahl von zuverlässigen Mandataren?
Solche Fälle gibt es immer wieder. Hier in Wien zum Beispiel von Grün zu Rot, aber auch in anderen Konstellationen.
Kommen wir zu Wien: Ungewohnt scharf kritisieren die Neos Wohnbaustadtrat Michael Ludwig: Wegen der Rechnungshof-Kritik an zu billigen Liegenschaftsverkäufen fordern Sie seinen Rücktritt. Warum?
Der Rechnungshof hat festgestellt, dass die Stadt in knapp neun Jahren 3400 Liegenschaftsverkäufe getätigt hat. Viele wurden massiv unter dem Wert verkauft – und das rechtswidrig, weil kein Bieterverfahren durchgeführt wurde. Es geht hier um Millionen an potenziellen Erlösen, um die die Stadt gebracht wurde. Gleichzeitig beschweren sich Bürger bei uns dass solche Rechnungshof-Berichte von der Stadtregierung immer wieder vom Tisch gewischt werden. Wenn ich keine politischen Instrumente habe, die Verantwortung zu klären, müssen wir einen anderen Hebel finden.
Welchen Hebel wollen Sie denn ansetzen?
Wir haben uns das juristisch angeschaut. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass hier der Tatbestand der Untreue verwirklicht sein kann. Deshalb bringen wir eine Sachverhaltsdarstellung bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ein. Die Anzeige richtet sich gegen unbekannte Täter, letztlich geht es aber um die politischen Verantwortlichen. Wohnbaustadtrat Ludwig müsste zurücktreten. So kann man nicht mit Steuergeld umgehen.
Ludwig argumentiert, dass über die günstigen Verkaufspreise die Schaffung von leistbaren Wohnraum sichergestellt wird.
Darum geht es bei vielen der Verkäufe aber nicht. Zum Beispiel die Liegenschaft, die jetzt dem neuen Steirereck gehört: Es ist schön, dass es jetzt ein tolles Lokal im Stadtpark gibt. Aber hier geht es sicher nicht um leistbares Wohnen. Die Liegenschaft wurde ohne Bieterverfahren um 900.000 Euro verkauft – um rund 50 Prozent unter dem Marktwert.
Doch wie soll sonst der Bau von günstigem Wohnraum ermöglicht werden?
Selbst wenn die Schaffung von sozialem Wohnbau beabsichtigt gewesen wäre: Es ist höchst fragwürdig, ob der Verkauf zu günstigen Preisen dafür geeignet ist. Eigentlich gilt das Prinzip, dass man den höchsten Ertrag zu erwirtschaften hat. Sozialen Wohnbau kann man über andere Instrumente ermöglichen. Etwa die Wohnbauförderung, Mietzinsbeihilfen oder eigenen kommunalen Wohnbau.
Wird es jetzt Usus, dass die Neos bei Rechnungshof-Berichten, die schubladisiert werden, die Staatsanwaltschaft einschaltet?
Wir lassen nicht locker. Etwa beim Thema Gebühren. Finanzstadträtin Renate Brauner behauptet immer, der Rechnungshof liege falsch mit seinem Befund, die Gebühren für Wasser und Kanal seien mehr als kostendeckend. Und schon haben wir wieder die nächste Erhöhung. Und das ausgerechnet in Zeiten, in denen zu hören ist, dass Wohnen immer schwerer leistbar ist.