Chronik/Wien

Fiakerfahrer: "Machen aus den Pferden Leberkäse"

Für Aufregung unter Tierschützern sorgt aktuell ein Video, das den "Vier Pfoten" zugespielt wurde. Aufgenommen worden sei es von Touristen, die an der "Secrets of the Fiaker"-Tour eines Simmeringer Fuhrbetriebs teilgenommen hätten, heißt es bei der Tierschutzorganisation. Die Echtheit des Materials habe man verifiziert. In dem Filmchen, das mittlerweile auf Youtube zu sehen ist, erzählt ein Fiakerfahrer seinen Fahrgästen, man mache aus den Pferden Leberkäse, wenn sie nicht für ihr Futter arbeiten. "Es gibt keine Alternative. Die Wahrheit ist brutal", sagt er.

Weiters erzählt der Mann den Touristen, dass es angesichts des Innenstadtverkehrs nicht immer möglich sei, die Tiere unter Kontrolle zu halten. "Wenn er (das Pferd; Anm.) einmal rennt, dann kann man nichts mehr tun. Nur beten, dass man irgendwo stehen bleibt."

Zudem behauptet der Fiakerfahrer gegenüber seinen Gästen, dass die Pferde immer nur nachts gefüttert würden, nicht aber tagsüber. Was für die Tiere sehr schmerzvoll sein könne, wie Martina Pluda, Kampagnenleiterin der Vier Pfoten betont: "Das wäre Tierquälerei. Das Verdauungssystem der Pferde ist nicht für lange Fresspausen geeignet."

Fiaker-Unternehmer will klagen

Das Video ist Wasser auf die Mühlen der Vier Pfoten, die die Fiaker mittels Petition aus der Innenstadt verbannen wollen.

Als völlig aus dem Zusammenhang gerissen bezeichnet dagegen der betroffene Fiaker-Unternehmer, Johann Paul, die gefilmten Textpassagen. Er kündigt rechtliche Schritte gegen die Vier Pfoten an. Unterstützt wird er dabei von der Initiative "Pro Fiaker Kultur": "Nachdem den sogenannten Tierschützern die Argumente gegen Fiaker ausgegangen sind, selbst ihre Petition wurde letztes Jahr von allen Parteien abgelehnt, greifen sie nun zu strafrechtlich relevanten Mafiamethoden - zusammen geschnittene, aus dem Zusammenhang gerissene, geheim gefilmte Videos. Das wird natürlich juristische Konsequenzen haben."

Abgesehen davon, dass es verboten sei, käme er auch niemals auf die Idee, ältere Pferde zu Leberkäse zu verarbeiten, sagt Paul - einer der größten Fiakerunternehmer der Stadt - zum KURIER.

Der betreffende Fiakerfahrer sei zudem "der tierliebste Kutscher", mit Herzblut bei der Arbeit. "Seine Aussagen sind komplett aus dem Kontext gerissen."

Gefilmter Fahrer: "Fiakerei ist mein Leben"

Der heimlich gefilmte Fiakerfahrer kann indes nicht glauben, was ihm passiert ist: "Ich liebe die Tiere, ich würde ihnen nie etwas antun. Ich bin erst vor wenigen Jahren zur Fiakerei gekommen und will mein restliches Leben nichts anderes tun", sagt er.

Dass seine Wort derart zusammenschnitten worden seien, empfinde er als Frechheit: "Das ganze Video, das wäre ja in Ordnung. Aber so ergibt sich ein ganz anderer Sinn."

Gnadenbrot

Die Aussage mit dem Leberkäse wäre in einem ganz anderen Kontext entstanden: Es sei das Thema auf Tierschützer gekommen und dass diese die Pferde aus der Innenstadt haben wollten. Dieses Gedankenexperiment habe er weitergesponnen. "Wenn die Politiker das Fiakerfahren in Wien verbieten würden, dann haben wir ein Problem. Da sind zirka 400 Pferde betroffen und was machen wir mit diesen Pferden? Wie finanzieren wir das Leben dieser Pferde?"

Nie würde er aber zulassen, dass aus Max und Burli (die zwei 19-jährigen Pferde, ich auch im Video zu sehen sind) Leberkäse werde.

Wenn sie einmal in Pension gehen, was für die zwei 19-jährigen Tiere nach dieser Saison der Fall sein könnte, werden sie ihr Gnadenbrot im niederösterreichischen Arbesthal genießen. So wie auch die anderen Tiere aus dem Stall von Unternehmer Johann Paul.

Schlachtung wäre illegal

Dass die Pferde nur nachts gefüttert würden, entspreche nicht der Realität, betont auch Fiakersprecherin Ursula Chytracek: "Wir haben immer Futtersäcke mit - nach jeder Ausfahrt werden die Tiere gewassert und sie erhalten gepresste Kräuter-Leckerlis, ganz gesunde noch dazu - ohne Zucker und Melasse. Außerdem haben wir immer Karotten oder auch Äpfel dabei."

Die Tötung nicht mehr einsatzfähiger Pferde sei keineswegs gelebte Praxis, stellt Chytracek klar. "Jeder Unternehmer hat ein paar Pensionisten herumstehen. Die haben schon genug gearbeitet, sind sonst aber pumperlg'sund. Die genießen ihr Gnadenbrot."

Davon abgesehen ist die Schlachtung von nicht als Fleischproduzenten deklarierten Pferden in Österreich ohnehin verboten.