Chronik/Wien

"Die Otto Bauer ist eine coole Gasse"

Wer das neue Lokal Otto Bauer in der Otto-Bauer-Gasse betritt, dem fällt sie zu aller erst auf. Die nette – äußerst adrett gekleidete – alte Dame, die einen begrüßt, zum Tisch begleitet, die Kerzen auf den Tisch stellt.

Tante Lilli wird die alte Dame genannt. Sie ist 81 Jahre alt und heißt nicht Lilli, sondern Ingrid. Ingrid Mandl. "Als ich meinen Mann kennen gelernt habe, hat der zu mir gesagt: Du schaust aus wie die Lilli im KURIER." Mandl meint damit den Comic von Reinhard Beuthien, der Ende der 50er- und Anfang der 60er-Jahre auch im KURIER erschien. Also wurde aus der Ingrid die Lilli. Im Otto Bauer arbeitet die 81-Jährige seit Beginn an mit.

Das hat sich so ergeben. Denn als die Lokalbetreiber Julian Oberhofer und Andreas Ebner den alten Laden für Vintage- und Designmöbel von Ebners Vater umbauten, seien die jungen Männer "unerhört fleißig" gewesen und beinah "erstickt im Schutt". "Ich habe sie gestärkt mit Kaffee und Kuchen und manchmal auch mit geistigen Getränken", sagt Lilli Mandl, die seit 1962 in der Wohnung oberhalb des Otto Bauer lebt.

Lustiger Branchenmix

Und auch Lilli Mandl hat bemerkt: "In der Otto-Bauer-Gasse tut sich was".

In der Gasse zwischen Mariahilfer und Gumpendorfer Straße werden Geschäftslokale renoviert, im April macht das "Grandios" auf, ein Modegeschäft für große Größen. Dazwischen die Institutionen Café Jelinek und Gastwirtschaft Steman.

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"Die Otto Bauer ist eine stetige Entwicklung nach oben, und das ist den Akteuren zu verdanken", sagt Harald Hinterbuchinger. Er betreibt das Planet Harry, ein Geschäft für Brett-, Karten- und Kommunikationsspiele und ist Obmann der Interessensgemeinschaft der Kaufleute der Otto-Bauer-Gasse. "Grundsätzlich ist die Otto Bauer eine coole Gasse mit einem lustigen Branchenmix", sagt Hinterbuchinger. Es gibt viel unterschiedliche Kulinarik, Fachgeschäfte (etwa für Verhütung und Spiele) sowie Modelabels. "Die Gasse ist voll von kleinen Unternehmern, die mit kreativen Geschäftsideen versuchen, erfolgreich etwas auf die Beine zu stellen." Wenngleich die vielen Baustellen und die fehlenden Parkplätze ein echtes Problem für die Gasse seien.

Zweiter Schub

Den ersten Schub bekam die Gasse Ende 2013. Da eröffnete Mimi Hofmann (44) mit ihrer "besten Kindergartenfreundin" Angelika Harrer den Designshop "Répertoire", in dem es allerhand "schräge schöne Sachen" zu kaufen gibt (etwa Pyro-Pet-Kerzen, wo nach dem Abbrennen der Kerzen die Skelette der Tiere übrig bleiben). Fast zeitgleich bezog Maja Scheid ihren Raw Shop, wo sie roh-vegane Speisen verkauft (am 8. April eröffnet der Store als Lovely Food neu, dann gibt es zusätzlich warme vegane Gerichte). Und auch das Modeschmuck-Geschäft Peacock öffnete damals.

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"Der sechste Bezirk ist jetzt das, was der siebente vor ein paar Jahren war", sagt Mimi Hofmann. "Und die Gasse bekommt jetzt ihren zweiten Schub." Neueröffnung wie jene des Otto Bauer tragen dazu bei; auch wenn Julian Oberhofer und Andreas Ebner sagen: "Jedes leere Geschäftslokal, das belebt wird, wird der Otto-Bauer-Gasse helfen." Lilli Mandl fühlt sich mit 81 Jahren jedenfalls noch jung genug, um zu arbeiten: "Ich habe bestimmt keine Lust, in meinem Alter zu versauern und Trübsal zu blasen."