Die Heimkehr der Pickerlflüchtlinge
Von Martin Gantner
Katharina Huber hat mit ihrem Auto noch nie die Flucht ergriffen. „Was soll das bringen?“, fragt die Josefstädterin, um sogleich selbst die Antwort zu geben: „Als es im 16. und im 17. Bezirk noch kein Pickerl gab, war es ja genauso mühsam, einen Stellplatz zu finden wie im Pickerlbezirk Josefstadt.“ Also kreist Katharina Huber seit 13 Jahren – solange gibt es das Pickerl im Achten bereits – im Auto durch ihren Bezirk auf der Suche nach einem Parkplatz. „Doch seit einem halben Jahr ist das Problem schlimmer geworden. Man zahlt fürs Pickerl und findet trotzdem keinen Stellplatz. Das kann’s nicht sein.“
Wahre Prophezeiung?
Die Prophezeiungen von Veronika Mickel scheinen sich zu bestätigen. Die Bezirkschefin der Josefstadt (VP) warnt seit Monaten vor der Rückkehr der Pickerlflüchtlinge – vor Josefstädtern, die ihr Auto bislang in pickerlfreien Bezirken jenseits des Gürtels geparkt haben. Doch mit der Pickerl-Ausweitung in fünf Westbezirken ist eine solche „Flucht“ nicht mehr möglich. „Das ist eine Milchmädchenrechnung, das sich das nicht ausgeht“, sagt Mickel. Bereits Anfang Oktober hätten bei ihr 4400 Josefstädter ein Pickerl beantragt – um 400 mehr als vor einem Jahr.
Doch Mickel hat diese Rechnung ohne die rot-grüne Stadtregierung gemacht. Im Büro von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (G) heißt es: „Aufgrund der unterschiedlich langen Pickerllaufzeiten ist es so kurz nach der Ausweitung nicht aussagekräftig, allein die Zahl der Anträge zu vergleichen.“ Viel mehr wird auf jene Anträge verwiesen, die in den alten Pickerlbezirken erst nach der Ausweitung im Westen eingegangen sind. „Es hat einen Zuwachs gegeben, doch der ist längst nicht so groß wie behauptet wurde.“ Hält man die Daten der Stadt für aussagekräftiger, kehrten „nur“ 1333 Pickerlflüchtlinge in ihre Wohnbezirke zurück. Bei 87.227 Pickerln, die in diesen Bezirken insgesamt registriert sind, eine erwartbare Größe, heißt es bei den Grünen.
Debatte vor Parkgipfel
Der erste und der achte Bezirk, die in der Statistik gemeinsam ausgewiesen werden, ringen demnach mit 182 zusätzlichen Pickerlbesitzern. Am stärksten ist das Plus im vierten und fünften Bezirk (398 Neuanträge). Es sind Zahlen, die auch beim heutigen Pickerl-Gipfel für Diskussionen sorgen werden. Am Vormittag treffen die schwarzen Bezirksvorsteher, die sich bislang erfolgreich gegen das Pickerl gewehrt haben (Währing, Hietzing, Döbling), mit Vassilakou zusammen. VP-Chef Manfred Juraczka: „Wir erwarten uns endlich seriöse Gespräche über die Parkraumgestaltung im Westen Wiens. Das Ergebnis soll der Bevölkerung bei einer Volksbefragung vorgelegt werden.“