Das blaue Bürgermeister-Casting
Von Josef Gebhard
Drei Mal ist Heinz-Christian Strache bei den Wien-Wahlen angetreten, um Michael Häupl von seinem Sessel zu stoßen. Doch nun hat er sein politisches Ziel, Bürgermeister von Wien zu werden, offenbar aufgegeben: „Ich habe es nicht vor, denn ich bin in meiner Verantwortlichkeit als Vizekanzler der österreichischen Bevölkerung seit der letzten Wahl verpflichtet“, schloss der FPÖ-Chef im Puls4-Sommergespräch ein Antreten bei der nächsten Wien-Wahl aus.
Für Beobachter ein logischer Schritt: „Der Spagat zwischen seiner Rolle als Vizekanzler und Bürgermeister-Kandidat wäre zu groß geworden. Er hätte ein Glaubwürdigkeitsproblem bekommen“, sagt Politik-Berater Thomas Hofer.
Mit Straches Entscheidung geht der Wiener FPÖ andererseits ihr unbestrittenes Wahlkampf-Zugpferd verloren. Und das ausgerechnet in einer Phase, in der mit der runderneuerten SPÖ unter Michael Ludwig ein schwer zu biegender Gegner das Spielfeld betreten hat. 2015 eroberte die Strache-FPÖ ein Drittel der Mandate im Gemeinderat. Das zu halten wird nach derzeitigem Umfrage-Stand schwer.
Die Wiener FPÖ muss sich jedenfalls nun um einen neuen Spitzenkandidaten umsehen, der gegen Ludwig in den Ring steigt. Derzeit die besten Karten hat Johann Gudenus, ist aus Parteikreisen zu hören. Er ist zur Zeit Klubobmann im Nationalrat, als geschäftsführender Landesparteichef aber gleichzeitig Straches Statthalter in Wien. Für ihn spreche laut FPÖ-Insidern auch sein relativ hoher Bekanntheitsgrad, den er sich als Wiener Vizebürgermeister und nun als Klubchef im Parlament aufgebaut hat. Hier hat der zweite mögliche Kandidat, Vizebürgermeister Dominik Nepp, noch Aufholbedarf.
Wenig gemäßigt
Für Hofer hingegen ist fraglich, ob Gudenus einen geeigneten Bürgermeister-Kandidaten abgeben würde. Zu sehr sei er zuletzt mit wenig gemäßigten Tönen aufgefallen – etwa gegen den Investor George Soros. „Das sind Positionierungen, die die FPÖ eigentlich mit dem vergangenen Nationalratswahlkampf bereits abgelegt hatte“, sagt Hofer. Die rot-grüne Stadtregierung biete genügend andere Angriffsflächen, auf die man sich konzentrieren könnte – etwa die Krankenhäuser oder die Verkehrspolitik.
Definitiv sei es noch nicht entschieden, wer der nächste blaue Bürgermeister-Kandidat wird, heißt es aus FP-Kreisen. Erst müsse feststehen, wann die nächste Wahl in Wien stattfindet. Geht es nach den Blauen, je früher, desto besser: „Die Bundesregierung funktioniert bis dato gut, es würde uns daher nicht schaden, wenn in Wien schon im kommenden Herbst gewählt wird“, sagt ein Funktionär.
Mit gewissem Argwohn ortet man in der FPÖ indes eine Annäherung zwischen Wiener ÖVP und SPÖ, seit dort Ludwig am Ruder ist. Auch der neuen VP-Klubchefin Elisabeth Olischar sagen die Blauen Sympathien für Rot-Schwarz nach. „Wir werden es also nicht mit einem, sondern mit zwei Gegnern zu tun haben.“