Chorherr-Prozess: Vereinskassier verzichtete auf Aussage
Beim Prozess gegen den früheren grünen Rathaus-Politiker Christoph Chorherr stand am Dienstag die Einvernahme des Kassiers jenes Vereins auf dem Programm, der die Spendengelder für Chorherrs Schulprojekte in Südafrika sammelt. Jedoch: Der Mann verzichtete auf eine Aussage. Dieses Recht stand ihm zu, weil er beim Verein „S2arch“ auch die Funktion des stellvertretenden Obmanns ausübt - und der Verein ebenfalls zu den Beschuldigten gehört.
Der Verein ist konkret einer von insgesamt 21 Verbänden, bei denen die Verhängung einer Geldbuße nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz beantragt wurde. Chorherr hatte den Vereinsvorsitz angesichts der öffentlichen Debatte um seine Person 2018 zurückgelegt. Der neue Obmann hat kürzlich ausgesagt und beteuert, dass er keinen Zusammenhang zwischen Spenden und Widmungsverfahren wahrgenommen hat.
Der Kassier, der als Zeuge geladen war, ist auch stellvertretender Obmann des Vereins. Somit kommen ihm auch Beschuldigtenrechte zu, wie Richter Michael Tolstiuk erläuterte. Anders als Zeugen, die vom Entschlagungsrecht Gebrauch machen können, wenn sie sich etwa selbst belasten würden, können Beschuldigte frei wählen, ob sie auf Fragen antworten. Der Vereinskassier teilte mit, dass er dies - anders als der Obmann - nicht tun wolle und durfte umgehend wieder den Saal verlassen.
Einvernahmen
Der Verein spielt eine zentrale Rolle in der Causa. Dem früheren Rathaus-Mandatar Chorherr wird zur Last gelegt, von namhaften Immobilienunternehmen Zahlungen für den von ihm initiierten gemeinnützigen Verein gefordert bzw. angenommen haben. Die Spender sollen sich im Gegenzug Vorteile bei Widmungsverfahren versprochen haben. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft Chorherr Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit, den Unternehmern Bestimmung zum Amtsmissbrauch und Bestechung in unterschiedlichen Beteiligungsformen vor.
Zu den Mitangeklagten gehören - neben den Verbänden bzw. deren Vertretern - unter anderem der Investor Rene Benko, der Industrielle Michael Tojner und die Immobilienentwickler Erwin Soravia und Günter Kerbler. Sie haben sich allesamt nicht schuldig bekannt.
Einvernommen wurde heute auch eine Zeugin, die in der Tojner-Gruppe arbeitet. Sie betonte, dass sie in der fraglichen Zeit Termine koordiniert habe, inhaltlich jedoch nicht eingebunden gewesen sei. Thema war in dem Zusammenhang aber auch die Frage, inwiefern Michael Tojner mit dem Finanzberater Wilhelm Hemetsberger in geschäftlichem Kontakt steht bzw. stand. Letzterer gehört zu den wichtigsten Unterstützern der Chorherr-Initiative und hat auch seine Firma nach dem Ithuba-Schulprojekt in Ithuba Capital AG benannt.
Nächste Termine
Hemetsberger selbst betonte heute, dass er mit Tojner - dessen Heumarkt-Projekt in Wien seit Jahren für Diskussionen sorgt - nur mehr bei einem Wohnhaus-Projekt geschäftlich verbunden sei. In den vergangenen Jahren ist er laut eigenen Angaben auch Investor an Tojner-Firmen im Technikbereich gewesen, wobei die Beteiligungen nicht mehr existieren.
Der Richter skizzierte heute auch den weiteren Prozess-Fahrplan. Prominenz ist dabei für den 20. Dezember angekündigt. Zunächst soll an diesem Tag ab 9 Uhr die frühere Rathaus-Politikerin und nunmehrige NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger aussagen. Anschließend wird die ehemalige grüne Wiener Planungsstadträtin und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou befragt.