Chronik/Wien

Causa Aliyev: Erpressung und Manipulation

Mit erpressten Falschaussagen setzt der kasachische Geheimdienst KNB in der Causa Aliyev die Staatsanwaltschaft Wien unter Druck und versucht, die Öffentlichkeit zu manipulieren. Die Geheimagenten scheuen auch nicht davor zurück, Familienmitglieder der sogenannten „Zeugen“ als Geiseln zu nehmen. Der Verfassungsschutz gelangte nun in den Besitz einer Anweisung für einen missbrauchten Zeugen.

Nachdem der frühere kasachische Botschafter in Wien, Rakhat Aliyev, bei seinem Ex-Schwiegervater und kasachischen Herrscher Nursultan Nasarbajev in Ungnade gefallen war, macht dessen Geheimdienst (KNB) Jagd auf Aliyev in Wien. Aliyev wird plötzlich schwerer Verbrechen bezichtigt. Wegen des politischen Hintergrundes verweigert aber die Justiz die Auslieferung. Sie muss die Vorwürfe aus Kasachstan nun selber prüfen.

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Die Kasachen liefern serienweise Zeugenaussagen, die beweisen sollen, dass Aliyev zwei Bankmanager umgebracht habe. Die meisten „Zeugen“ sitzen in Almaty im Gefängnis. Wie die Aussagen zustande kommen, schilderte vor wenigen Tagen Alnur M. bei einer Vernehmung dem Verfassungsschutz. Er lebt im nur scheinbar sicheren Asyl in Wien, wo er aber von KNB-Agenten überfallen und bedroht wurde. Anschließend wurde er nach Prag beordert, wo ihm KNB-Offizier Murat Osipov einen Katalog für eine Falschaussage bei der Staatsanwaltschaft überreichte. Alnur M. sollte die Tat so beschreiben, als ob er selbst dabei gewesen wäre. Beigefügt war eine genaue Beschreibung des Ablaufes. Im Punkt 3 heißt es: „Ihre Aussagen und Geständnisse müssen zur Gänze dem entsprechen, was in unserem Strafverfahren steht. Das ist das Allerwichtigste!“

Im Punkt 8 wird er darauf hingewiesen: „Ihre Dienste werden bezahlt und Mitglieder Ihrer Familie werden in absoluter Sicherheit sein.“ Das ist ernst zu nehmen, denn die beiden Töchter des früheren Kollegen Alexandr K., der weniger kooperativ war, verschwanden hinter Gittern.

Nachdem es Alnur M. nicht gelang, seine Aussage bei der Staatsanwaltschaft loszuwerden, wandte er sich weisungsgemäß an Anna Zeitlinger, eine Partnerin des Wiener Rechtsanwaltes Gabriel Lansky. Lanskys Kanzlei organisierte schließlich ein Interview mit einer Tageszeitung, wo M. seine Version erzählen konnte.

Öffentlicher Druck

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Durch eine manipulierte öffentliche Meinung versucht der KNB, Druck auf die Wiener Staatsanwälte auszuüben. Dafür wurden beispielsweise Armangul Kapashova und Sholpan Khasenova medienwirksam vor dem Parlament in Stellung gebracht. Sie sind die Witwen der zwei ermordeten Kasachen. Die beiden Frauen wurden vorher schon vom KNB bei der geheimdienstlichen Anwerbung von zwei österreichischen Kriminalbeamten eingesetzt. Vor dem Wien-Besuch sandte Kapashova ein Mail an einen Gewährsmann: „Aber ich brauche unbedingt, dass eure österreichischen Anwälte mir noch einmal erklären, was und wie dem Staatsanwalt gesagt werden soll.“ Gemeint ist Lansky. Der veranstaltete eine Pressekonferenz mit dem ehemaligen deutschen Justizminister Otto Schily, in der er die Aussagen der beiden Frauen als „glaubwürdig“ erachtete.
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Während die Staatsanwaltschaft Wien jede Kooperation mit dem KNB verweigert und der Verfassungsschutz Jagd auf dessen Agenten macht, kooperiert das Bundeskriminalamt mit dem post-kommunistischen Geheimdienst. Kasachen-Anwalt Richard Soyer nennt das eine „operative Zusammenarbeit zweier Ermittlungsbehörden“.