Bitteres Nachspiel beim Wiener Derby
Von Jürgen Zahrl
Die historische 1:6-Pleite von Rapid gegen die Wiener Austria ist für die grün-weiße Fangemeinde ohnehin schon bitter genug. Doch das polizeiliche Vor- und Nachspiel bei der Generali Arena in Wien-Favoriten stößt vielen noch mehr sauer auf. Stundenlang sollen Hunderte Anhänger, die auch nicht ins Stadion durften, von Beamten zusammengepfercht und überprüft worden sein. Personen seien reihenweise umgekippt, twitterte die Rechtshilfe Rapid. „Von menschenunwürdigen Zuständen“, berichtete Rapid-Präsident Michael Krammer, der vor Ort war, dem KURIER. Die Polizei verteidigt ihr Handeln. Sogar ein sprengstoffähnliches Pyrotechnik-Material soll sichergestellt worden sein. Drei Personen mussten mit der Wiener Rettung ins Spital gebracht werden.
Grund des Übels: Mehrere Rapid-Anhänger sorgten für eine zehnminütige Sperre der Wiener Südost-Tangente (A23). Bereits als Risiko-Fans bekannte Männer warfen laut Polizei pyrotechnische Gegenstände, Getränkedosen und Schnee auf die meistbefahrene Autobahn Österreichs, die praktisch unmittelbar an der Arena vorbeiführt. „Das sind Trotteln“, meinte Präsident Krammer.
Im Rapid-Sektor blieben daraufhin Hunderte Plätze frei. Denn nach dem gefährlichen Verhalten der Risiko-Fans griff die Polizei durch und stoppte den Fanmarsch: Sie hielt 1338 Leute an und überprüfte deren Identität. So wollte man alle mußmaßlichen Täter ausfinding machen. Die werden nun wegen vorsätzlicher Gemeingefährung angezeigt.
Ärgernis
Dass Hunderte Personen – darunter auch viele Frauen und medikamentenbedürftige Menschen – stundenlang bei zwei Grad Celsius ausharren mussten, löste großen Ärger aus. „Seit bald fünf Stunden in der Kälte haben die Menschen keine Chance etwas zu trinken oder auf die Toilette zu gehen“, schrieb die Rechtshilfe Rapid und kündigte an, mit Anwälten gegen die Polizei vorgehen zu wollen. Von einer von Anfang an geplanten Polizeiaktion soll sogar die Rede sein.
Anlass für die Überprüfung der Fans war der gefährliche Zwischenfall bei der Südost-Tangente, versichert die Polizei. „Gewalt hat auch beim Fußball nichts verloren. Die Wiener Polizei ist dieser entschieden entgegengetreten“, sagt Wiens Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl, der sich jetzt Stadionverbote für alle gewaltbereiten Anhänger erhofft.
Sichergestellt wurden zahlreiche Wurfgeschoße und eine erhebliche Menge pyrotechnischer Gegenstände – darunter eine Rauchgranate polnischen Fabrikats, die prinzipiell für militärische Zwecke verwendet wird. „In Österreich ist sie als Sprengmittel klassifiziert“, sagt Polizeisprecher Harald Sörös. Laut Auskunft der Wiener Rettung mussten drei Personen mit leichten Verletzungen im Spital behandelt werden.