Wie Stadt und Polizei unsichere Öffi-Stationen aufspüren
Von Josef Gebhard
Es allen recht zu machen, ist eine Kunst, die kaum jemand beherrscht. Das zeigte sich vergangene Woche, als Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) verriet, wie die Stadt künftig auf öffentlichen Plätzen für mehr Sicherheit sorgen will: Während die einen die Beibehaltung des Alkoholverbots für den Praterstern kritisierten, waren die anderen verärgert, dass ein solches am Bahnhof Floridsdorf zumindest vorerst nicht vorgesehen ist.
Um für mehr Nachvollziehbarkeit zu sorgen, präsentiert die Stadt jetzt das Kriteriensystem, mit denen sie (gemeinsam mit Polizei, Wiener Linien, ÖBB, Sozialhelfern) die rund 40 relevanten Verkehrsknotenpunkte bewertet und daraus die nötigen Maßnahmen ableitet.
Im Wesentlichen geht es um fünf Kriterien, für die jeweils Punkte vergeben werden. Je höher die Gesamtpunktezahl, desto höher der Handlungsbedarf. Die Dringlichkeit wird mit einem Farbschema dargestellt, das von Weiß über Grün und Gelb bis Rot reicht.
Rot ist derzeit etwa der Bereich rund um die U6-Station Josefstädter Straße. Das Areal wird von täglich mehr als 50.000 Personen frequentiert – ein relativ hoher Wert, der die Wahrscheinlichkeit von Konflikten erhöht.
Entscheidend ist aber, ob es sich um eine homogene Personengruppe handelt, oder ob Menschen mit unterschiedlichen Interessen aufeinandertreffen. Etwa Öffi-Benutzer und Wohnungslose, um beim Beispiel Josefstädter Straße zu bleiben. Letzteres sorgt für mehr Konfliktpotenzial als die Lage bei der Station Stephansplatz, die praktisch nur von Öffi-Benutzern frequentiert wird.
Ein weiteres Kriterium ist die Fläche: Je mehr Platz zur Verfügung steht, desto besser, lautet die Faustregel.
Nicht zuletzt fließt die Zahl der Beschwerden (etwa aus der Bevölkerung) in die Bewertung ein. Auch sie ist bei der Josefstädter Straße sehr hoch, was insgesamt einen hohen Handlungsbedarf ergibt.
Um die Lage dort zu verbessern, soll das Obdachlosen-Tageszentrum Josi neu gestaltet werden, zum Beispiel mit einem von Sozialarbeitern betreuten Außenbereich.
„Da sich die Lage rasch ändern kann, muss die Bewertung aber mindestens alle drei bis sechs Monate wiederholt werden“, sagt Ewald Lochner, Drogenkoordinator der Stadt Wien. Zusätzlich würde alle sechs Wochen ein Jour fixe mit Polizei, Verkehrsbetrieben und Sozialarbeitern stattfinden.
Bahnhof Floridsdorf
Wie viele weitere Verkehrsknotenpunkte mit hohem Handlungsbedarf es gibt, will Lochner nicht verraten. Der Floridsdorfer Bahnhof (gelb) gehöre derzeit aber nicht dazu, betont der Experte. Die Frequenz sei viel geringer als am Praterstern, die Zahl der strafrechtlichen Delikte sogar zurückgegangen. „Bei den Personen, die sich auf dem Franz-Jonas-Platz aufhalten und Alkohol konsumieren, handelt es sich überwiegend um Menschen, die nicht obdachlos sind. Hier sind andere Maßnahmen erforderlich als am Praterstern.“