Arbeitszeit neu: Sorge um Personalmangel
Von Josef Gebhard
Es sind nur noch knapp zwei Monate Zeit, bis das neue Arbeitszeit- und Gehaltspaket für die rund 3000 Ärzte der Wiener Gemeindespitäler in Kraft tritt. Es wurde notwendig, weil seit Anfang Jänner Spitalsärzte im Schnitt nur mehr 48 Stunden pro Woche arbeiten dürfen. Nach wie vor kritisiert die Ärztekammer die Neuregelung, die zwar eine Erhöhung des Grundgehalts, aber auch die Einsparung von 382 Dienstposten vorsieht.
Entsprechend groß ist die Verunsicherung an der Basis: "Derzeit sind wir 26 Ärzte. Durch die Verkürzung der Arbeitszeit werden wir drei bis fünf zusätzliche Vollzeit-Dienstposten benötigen", schildert Christoph Sperker, Chirurg an der Rudolfstiftung, die Situation an seiner Abteilung. "Es ist aber nicht davon auszugehen, dass dieses zusätzliche Personal kommt. Ansonsten müssten die entsprechenden Planungen schon laufen." Entsprechend groß sei die Sorge um eine wachsende Arbeitsbelastung. Wenig Verständnis hat Sperker für die angedachten Personalkürzungen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es viele Abteilungen gibt, die mit weniger Ärzten das Auslangen finden."
Die Arbeitszeitverkürzung würde hingegen grundsätzlich Sinn machen: "Während man früher noch fünf Stunden drangehängt hat, müssen Ärzte jetzt nach 25 Stunden außer Dienst gehen. Das bedeutet einen Zuwachs an Lebensqualität."
Gehaltsplus
Zwiespältig fällt Sperkers Bilanz hinsichtlich der geplanten Erhöhung der Grundgehälter aus, mit denen Einkommensverluste durch die Arbeitszeitverkürzung ausgeglichen werden sollen. So erhalten zum Beispiel Turnusärzte künftig ein um 25 bis 29 Prozent höheres Brutto-Grundgehalt.
"Bei Ärzten, die bisher schon nicht mehr als 48 Stunden pro Woche gearbeitet haben, geht sich ein Gehaltsplus aus", rechnet der Mediziner vor. "Jene, die sehr viele Überstunden gemacht haben, werden mit einem Minus rechnen müssen." Davon wäre auch Sperker selbst betroffen, wäre er nicht vor kurzem Facharzt geworden. Der Sprung in eine höhere Gehaltsklasse gleicht bei ihm das Minus wieder aus. "Man darf aber nicht vergessen, dass ich künftig mehr Freizeit haben werde. Und das ist schließlich auch etwas wert."
Trotz aller Unsicherheiten will der Jungarzt auch künftig weiter für die Rudolfstiftung arbeiten. "Es gibt hier gute Arbeitsbedingungen. So soll die Leberchirurgie ausgebaut werden. Das ist ein interessantes Betätigungsfeld."
Geld für Jungmediziner
Die Stadt will Medizinstudenten mit einer Finanzspritze umwerben. Ab August zahlt der Krankenanstaltenverbund (KAV) für das Klinisch-Praktische-Jahr (KPJ) eine "Aufwandsentschädigung" von 650 Euro monatlich, sagt Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ).
Das KPJ ist seit August 2014 fixer Bestandteil der Medizinausbildung und muss im letzten Studienjahr absolviert werden. Das Pflichtpraktikum dauert 48 Wochen zu je 35 Wochenstunden. Mit der Zuwendung will man sich als attraktiver Arbeitgeber präsentieren. Laut Wehsely sind 650 Euro im Vergleich zu anderen Bundesländern hoch. Nieder- und Oberösterreich zahlen in etwa gleich viel, Vorarlberg 500 Euro pro Monat , die restlichen Länder gar nichts.