Chronik/Welt

Hangzhou putzt sich schön heraus

Schon Marco Polo nannte Hangzhou die "schönste und großartigste Stadt der Welt", die damals im 13. Jahrhundert mit einer Million Einwohnern und dem größten Hafen der Welt sogar Bagdad in den Schatten stellte.

Diese Woche ist Hangzhou "das Paradies auf Erden", so bewirbt es zumindest die chinesische Führung. Denn am Sonntag beginnt in der alten Hauptstadt der Song-Dynastie der zweitägige G20-Gipfel mit den Staats- und Regierungschefs der führenden Industrie- und Schwellenländer. Die Stadt wurde herausgeputzt und alles störende entfernt. Barack Obama, Wladimir Putin, Angela Merkel, Theresa May und alle anderen sollen saubere Luft, klares Wasser und makellose Menschen erleben. Wie der Guardian berichtet, wurden deshalb sogar heruntergekommene Stadtteile, die an der Strecke liegen, wo die Wagenkolonnen vorbeirollen, abgerissen. Einige schon sehr alte Chinesinnen bekamen mit über 80 Jahren das erste Mal eine neue Wohnung mit Innentoilette. Diese Frauen sind ihrem Präsidenten Xi Jiping und seiner von vielen vergötterten Ehefrau, der populärsten Sängerin Chinas, Peng Liyuan, dankbar.

Stummes Leid

Andere leiden stumm. Etwa Fabriksbesitzer, Baumeister oder kleine Ladenbesitzer, denen jetzt die Kundschaft fehlt. Denn um einen strahlend blauen Himmel zu erzielen im smogverseuchten Industriegürtel an der Küste, wurden die Fabriken vor zwei Wochen stillgelegt und alle Arbeiten an Baustellen eingestellt. Damit kein Staub aufwirbeln kann, mussten die Bauherren ihre Baustellen mit viel Plastik einpacken lassen. Und damit das alles auch noch netter aussieht, wurden sie angehalten, alles mit Blumenschmuck zu behübschen. Die Wanderarbeiter mussten die Stadt verlassen und viele Beamte und Angestellte wurden in Zwangsurlaub geschickt und angewiesen, auch wirklich zu verreisen, damit sich die Verkehrslage beruhigt. Und siehe da, der Reporter des Guardian kommt das erste Mal staufrei durch die Stadt.

Wie schon vor zwei Jahren beim Asien-Pazifik-Gipfel in Peking staunen Europäer, wie schnell die Befehle des Regimes umgesetzt werden. Human Wrights Watch beklagt, dass viele Mitglieder von Hilfsorganisationen, die sonst immer auf den G20-Gipfeln vertreten sind, keine Antwort auf ihren Teilnahmeantrag und damit kein Einreisevisum nach China bekommen hätten. "Wenn es der G20 ernst ist mit der Beratung durch die Zivilgesellschaft, sollten ihre Führer Chinas Gefängnisse besichtigen", sagt Sophie Richardson, die China-Direktorin von Human Wrights Watch.

Doch dazu wird es sicher nicht kommen. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan will in Hangzhou die Gelegenheit ergreifen und ein Vierertreffen mit Merkel, dem französischen Staatspräsidenten François Hollande und dem italienischen Regierungschef Matteo Renzi abhalten. Auch die Amerikaner bestätigen bilaterale Gespräche mit Barack Obama und Erdoğan noch vor Beginn des Gipfels.

Aus Hangzhou kommt der berühmteste Grüntee Chinas, der Drachenbrunnentee (Pinyin Lóngjngchá), Hangzhou hat die längste Überseebrücke der Welt (35,6 km), nur der Hafen ist im Laufe der Zeit versandet.