Bin Laden: Navy Seals packen aus
Von Stefan Galoppi
Seit Osama bin Laden am 2. Mai von einer US-Eliteeinheit in seinem pakistanischen Versteck erschossen wurde, kursieren zahllose Versionen über die Geheimoperation. Jetzt melden sich die beteiligten Soldaten selbst - zumindest indirekt - zu Wort. Sie standen Chuck Pfarrer, einem langjährigen Kommandanten der Navy Seals, Rede und Antwort. In seinem Buch "Seal Target Geronimo: The Inside Story of the Mission to Kill Osama Bin Laden" widerspricht Pfarrer in wichtigen Punkten der Darstellung der Regierung.
Entschieden weisen die Soldaten zurück, sie hätten von Anfang an den Auftrag gehabt, den El-Kaida-Chef zu töten. "Wäre die Aktion eine Tötungsmission gewesen, dann hätte man nicht die Navy Seals benötigt - eine Kiste mit Handgranaten hätte auch gereicht."
Nur 90 Sekunden nach der Landung der Seals im Anwesen in Abbottabad war der Terrorchef tot. Die Soldaten traten die Tür zu seinem Schlafzimmer auf. Einer erinnert sich: "Es roch nach alter Kleidung, wie ein Gästezimmer im Haus einer Großmutter." Bin Ladens Frau schrie: "Nein, nein, tut ihm nichts." Und: "Er ist es nicht." Er selbst stieß sie zur Seite und warf sich aufs Bett, um seine AK-47 zu erreichen. Vier Feuerstöße aus den Waffen der Seals beendeten sein Leben. Ein klarer Widerspruch zur offiziellen Darstellung, Bin Laden sei unbewaffnet gewesen und es habe lange Feuergefechte gegeben.
Anders als die US-Regierung, die ihren Verbündeten nicht vor den Kopf stoßen will, nimmt sich Pfarrer kein Blatt vor dem Mund: Ohne Wissen des Militärgeheimdienstes ISI hätte Bin Laden in Pakistan nicht existieren können. Offiziere hätten regelmäßig nach ihm geschaut: "Sie wussten genau, wo er sich aufhält, und haben die USA nicht informiert."
Die Trümmer des im Hof zerschellten US-Hubschraubers schürten Spekulationen, die Seals hätten den modernsten Typ des"Ghost Hawks" verwendet. Er ist für Radar unsichtbar, flüsterleise und gibt keine elektromagnetische Strahlung ab. Im letzten Moment, so Pfarrer, habe man sich für den Einsatz eines älteren Modells entschieden - aus Sorge, die Geheimwaffe könnte den Pakistanis in die Hände fallen .
Chuck Pfarrer behauptet, Bin Ladens Vize Ayman al-Zawahiri müsse gewusst haben, dass der Kurier des Terrorpaten längst aufgeflogen war - trotzdem warnte er den Paten nicht. Genau dieser Kurier führte die USA letztlich zu Bin Ladens Versteck.
Laut dem Autor waren viele Seals enttäuscht, dass sein Tod so früh bekannt gegeben wurde - so seien andere Topterroristen gewarnt worden und hätten ihre Verstecke gewechselt.