Chronik/Welt

Wege aus dem Elend: Wie der Verein Concordia in Rumänien hilft

Wenn man Mihai nur ansieht, könnte man es fast vergessen.

Der Fünfjährige kugelt auf dem Sofabett herum, schneidet Grimassen, versteckt sein Gesicht in einem Polster. Bei dem spitzbübischen Blitzen in seinen Augen übersieht man für einen Moment die schiefe Decke und die wackeligen Wände; den Müll vor der Türe. Aus Türen und Sperrholz hat sein Vater Valentin Beterez die Hütte vor Jahren notdürftig zusammengezimmert; Decken aufgehängt, um die Kälte draußen zu halten. Zu viert lebt die Familie hier, in einem einzigen Zimmer. Ohne fließend Wasser, ohne Sanitäranlagen.

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Falsche Entscheidungen, fehlende Unterstützung und Schicksalsschläge haben Valentin Beterez und seine Frau Iuliana Raducano vor zehn Jahren in das Armenviertel am Stadtrand von Ploieşti, einer rumänischen Großstadt nahe Bukarest, getrieben.

Sie sehen müde aus, als der Concordia-Mitarbeiter Johni bei ihnen vorbeisieht. „Gestern hatten wir kein Geld, um etwas zu essen zu kaufen“, sagt Iuliana Raducano. Der Stromgenerator ist kaputt. Dazu kommt die ständige Sorge, dass die Stadtregierung das Armenviertel plattmachen könnte.

Brennholz und Bildung

Concordia-Helfer Johni hört zu, nickt, fragt nach. Seit zwei Jahren betreut der österreichische Sozialverein die Roma-Familie. Hilft mit Essen, Kleidung, Brennholz und Bildungsplätzen für die Kinder.

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Es ist eine von vielen Familien, denen „Concordia Sozialprojekte“ in Rumänien unter die Arme greift. Der Verein ist einige Zeit nach dem Sturz des Diktators Nicolae Ceauşescu 1991 von Jesuitenpater Georg Sporschill gegründet worden, um den Straßenkindern in Rumänien zu helfen.

Lange Reise

Manche der Betroffenen haben erst als Erwachsene zu Concordia gefunden. So wie die 40-jährige Daniela. Sie wurde als kleines Kind in Bukarest von ihrer Mutter auf der Straße ausgesetzt. Sie war krank, konnte nicht gut alleine stehen.

Bis zu ihrem 18. Lebensjahr kam sie in einem Heim unter. Dann schlug sie sich auf der Straße durch, lebte auf einem Bahnhof, Drogen habe sie aber nie angerührt. Die Männer, mit denen sie zusammenkam, waren nie gut zu ihr. Zu Concordia gelangte sie vor einigen Jahren, über einen Priester. Heute lebt sie mit vier Frauen in einem Concordia-Haus in Bukarest für Frauen mit psychischen Beeinträchtigungen.

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Aufgrund ihrer Krankheit erhält sie vom Staat eine kleine Pension. Einen Teil spendet sie stets an Frauen, die auf der Straße leben und in der derselben Lage sind, in der sie früher war.

Straßenkinder wie damals gibt es heute in Rumänien kaum noch. Aber noch immer ist fast jedes zweite Kind armutsgefährdet. Und noch immer kommen jährlich rund 10.000 Kinder in die Obhut des Staats – wegen Missbrauchs, weil die Eltern ins Gefängnis mussten oder weil sie ins Ausland gingen, die Kinder bei den Großeltern ließen und diese verstorben sind.

Neue Chance

Heute hilft der Verein Concordia auch Familien und jungen Erwachsenen. Vor fünf Jahren wurde eine berufsbildende Schule gebaut, derzeit entsteht eine Volksschule. Im Herbst 2017 eröffnete das „Bread and Breakfast“, ein Social-Business-Hostel inklusive Kaffeehaus in Bukarest. An der Espressomaschine steht gerade die 21-jährige Nicoletta. Sie arbeitet im Hostel als Kellnerin und spielt dank Concordia-Rumänien-Direktorin Diana Certan mit dem Gedanken, noch ein College zu besuchen.

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Nicoletta ist mit acht Jahren als einzige von drei Geschwistern von ihrer Mutter in ein Sozialzentrum abgeschoben worden. Ihre Schwester durfte bei ihrer Mutter bleiben, ihr Bruder kam zu ihrem Onkel. Nur für sie war kein Platz mehr. Als ihre Mutter vergangenes Jahr bei einem Brand starb, war es jedoch sie, die sich um die Beerdigung kümmerte. Bis sie anderen Menschen wieder vertrauen kann, wird es wohl noch etwas dauern. Aber die Zeit bei Concordia habe ihr schon viel geholfen: „Vor zwei Jahren hätte ich meine Geschichte so noch nicht erzählen können.“

Dankbar ist auch Iuliana Raducano im Armenviertel von Ploieşti. Noch einmal mehr, seit Concordia es ihrem Sohn Mihai ermöglicht hat, in den Kindergarten zu gehen. Sie blickt ihm nach, als er zum Spielen nach draußen läuft.

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„Früher ist er oft nicht richtig aufgekommen. Jetzt ist er in der Früh, der Erste, der munter ist und sich fertigmacht.“

Geschichte  

Concordia  wurde 1991 von  Jesuitenpater  Georg Sporschill gegründet, um Straßenkindern in Rumänien zu helfen. 

Aktuelles

Heute ist der Verein in Rumänien, Bulgarien und Moldawien aktiv und betreut neben Straßenkindern  auch  Familien und Suchtkranke.     In Bukarest wurde 2017  ein  Social Business Hostel realisiert. Derzeit wird an Bau  einer Volksschule gearbeitet. 

So können Sie unterstützen

Um zu helfen, ist der Verein auf Spenden angewiesen. IBAN: AT66 3200 0000 0703 4499 
 

Zur Homepage des Vereins geht es hier.