Chronik/Welt

Mann erschoss sich bei Urteilsverkündung in Gerichtssaal in Moskau

In einem Moskauer Gerichtssaal hat sich ein früherer Staatsbeamter vor den Augen des Richters bei der Urteilsverkündung erschossen. Das bestätigte die Sprecherin eines Moskauer Stadtbezirksgerichts, Uljana Solopowa, am Mittwoch der Agentur Interfax. Der frühere Mitarbeiter des Strafvollzugs soll von einem Kollegen zehn Millionen Rubel (rund 144.000 Euro) erpresst haben.

Er wurde dafür zu drei Jahren Haft verurteilt. Nach Darstellung des Gerichts muss nun geklärt werden, wie der Mann eine Waffe in den Saal bringen konnte. Kriminalisten nahmen die Arbeit auf. Die Sicherheitsvorkehrungen in russischen Gerichten sind eigentlich extrem hoch – mit Metalldetektoren und uniformierten Sicherheitskräften.

Der Ex-Staatsbeamte war nach Darstellung seines Anwalts Grigori Iwanischtschew wegen einer schweren Krebserkrankung unter strengen Auflagen auf freiem Fuß. Er hatte demnach auch bis zum Schluss seine Unschuld beteuert. Der Mann beklagte, dass das Gericht entlastende Beweise, darunter Tonmitschnitte, nicht berücksichtigt habe. Menschenrechtler beklagen immer wieder willkürliche Urteile der russischen Justiz sowie die Käuflichkeit von Richtern.

Der ehemalige Leiter des Fuhrparks des russischen Strafvollzugs soll vor einigen Jahren den stellvertretenden Chef der Behörde erpresst haben. Die Hintergründe waren unklar. Der Gefängnisdienst in Russland steht - wie andere staatliche Stellen auch - im Ruf, korrupt zu sein.

Der Anwalt des Angeklagten sagte auch, dass sein Mandant nach der Atomkatastrophe in Tschernobyl (Ukraine) 1986 zu jenen Helfern gehört habe, die damals für die Beseitigung der Schäden abgeordnet wurden. Demnach erschoss sich der Mann mit einer Pistole, die er als Auszeichnung für vorbildliche Leistungen im Dienst erhalten hatte.