Chronik/Welt

Lübcke-Mord: Verdächtiger hat Tat gestanden

Der rechtsextreme Stefan E. hat gestanden, den deutschen CDU-Politiker und Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke in der Nacht auf den 2. Juni erschossen zu haben. Der 45-Jährige sagt, er habe allein gehandelt.

Sein Tatmotiv war eine Rede Lübckes während der Flüchtlingskrise im Herbst 2015, als er für die Flüchtlinge Quartiere suchen musste. Dabei sagte er: „Da muss man für Werte eintreten. Und wer diese Werte nicht vertritt, der kann jederzeit dieses Land verlassen, wenn er nicht einverstanden ist. Das ist die Freiheit eines jeden Deutschen.“

Stefan E. war nach Spiegel-Informationen bei der Bürgerversammlung, auf  der diese Worte fielen und von der ein Video im Netz kursiert, selbst anwesend.

Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, gab in einer internen Sondersitzung des deutschen Innenausschusses am Mittwoch zu, dass die Behörden Stefan E., der 1993 als 20-Jähriger ein Flüchtlingsheim angezündet hatte und  dafür im Gefängnis war, seit 2009 nicht mehr „intensiv“ auf dem Radar hatten.  Das löst jetzt heftige Debatten aus. Denn der Verfassungsschutz stuft jeden zweiten Rechtsextremen als genauso gewaltbereit ein wie islamistische Gefährder.

Für den deutschen Innenminister Horst Seehofer ist die Aufklärung „des politischen Mordes“ nicht abgeschlossen. Der Generalbundesanwalt ermittelt. Das Netzwerk rechtsextremer Vereinigungen bis hin zu Beschuldigten im NSU-Fall wird geprüft. Die rechte Terrorgruppe ermordete zwischen 2000 und 2007 zehn Menschen.

Neue Drohungen

Derzeit vergeht kein Tag, an dem nicht ein Lokalpolitiker bedroht würde. Am Mittwoch gingen in den Rathäusern von Erfurt, Pforzheim und Zwickau Bombendrohungen ein.
Der Mord an Lübcke hat eine Debatte über Hass im Netz ausgelöst. Unter anderem warf CDU-Politiker Peter Tauber seiner ehemaligen Parteikollegin Erika Steinbach vor, Mitschuld an dem Tod des Regierungspräsidenten zu tragen.

Die 75-jährige Steinbach hatte im Februar einen Tweet mit Kritik an Lübcke veröffentlicht, diesen aber später wieder gelöscht. Darin verlinkte sie einen Artikel, der den CDU-Politiker mit der Aussage zitierte, Kritiker könnten das Land jederzeit verlassen, wenn sie mit der Asylpolitik nicht einverstanden seien.

„Erika, Du bist da in einer rechtsextremen Echokammer gefangen“, sagt Tauber. Erika Steinbach, die ehemalige Präsidentin des Bundes für Vertriebene, geboren in Westpreußen, ist für Tauber „ein trauriges Beispiel für Selbstradikalisierung“.