Chronik/Welt

Jeder getaufte Laie soll künftig eine Vatikan-Abteilung leiten können

Papst Franziskus hat am Samstag den Text "Praedicate Evangelium" (Verkündet das Evangelium) veröffentlicht, der eine tiefgreifende Reform der Kirchenleitung enthält. Demnach sollen getaufte Laien, egal ob männlich oder weiblich, künftig jede beliebige Vatikan-Abteilung leiten können. Bisher war das Geistlichen vorbehalten. Die Kurienreform tritt zu Pfingsten (5. Juni) in Kraft, teilte der Vatikan am Samstag mit.

Damit wird die aktuelle Kurienverfassung "Pastor Bonus" (Der gute Hirte) von 1988 komplett aufgehoben. Der aktuelle Text aus 250 Artikeln war seit neun Jahren geplant und seit Mitte April 2019 in konkreter Überarbeitung. Damit sollen sämtliche Organe der Kurie noch stärker auf die Verkündigung des Evangeliums ausgerichtet werden. Dieses Anliegen hatte Franziskus bereits in seinem programmatischen Schreiben "Evangelium gaudium" von 2013 geäußert. Dazu wird laut Kathpress ein Dikasterium für Evangelisierung neu geschaffen.

Abteilungen werden verringert

Mit der Reform wird die Zahl der Dikasterien (vatikanische Abteilungen wie das Staatssekretariat, die Kongregationen, Gerichte und Räte) verringert, indem diejenigen zusammengelegt wurden, die sehr ähnliche oder sich ergänzende Ziele verfolgten. Damit sollen Doppelgleisigkeiten eliminiert und Kompetenzüberschneidungen vermieden werden. Ziel sei es, die Arbeit effizienter zu gestalten, heißt es in den "Grundsätzen und Kriterien für den Dienst an der Römischen Kurie".

Das bisherige Amt des päpstlichen Almosenmeisters wertete Franziskus laut Kathpress zu einem "Dikasterium für den Dienst der Nächstenliebe" auf. Es soll im Namen des Papstes in Fällen besonderer Bedürftigkeit oder sonstiger Not weltweit gezielte Hilfe leisten und koordinieren. Der bisherige Sozialbeauftragte des Papstes, Kardinal Konrad Krajewski (58), dürfte das Amt behalten. Wer von den bisherigen Behördenleitern die jeweils neuen, fusionierten Einrichtungen künftig leiten soll, ist dagegen noch offen.

"Die Römische Kurie steht im Dienst des Papstes, der als Nachfolger Petri das immerwährende und sichtbare Prinzip und Fundament der Einheit sowohl der Bischöfe als auch der Gesamtheit der Gläubigen ist", heißt es in der Präambel. Der Dienst erfordere unter anderem "persönliche Integrität und Professionalität": "Diejenigen, die in der Kurie dienen, werden aus dem Kreis der Bischöfe, Priester, Diakone, Mitglieder der Institute des geweihten Lebens und der Gesellschaften des apostolischen Lebens sowie der Laien ausgewählt, die sich durch ihr geistliches Leben, ihre gute pastorale Erfahrung, ihre Nüchternheit im Leben und ihre Liebe zu den Armen, ihren Geist der Gemeinschaft und des Dienstes, ihre Kompetenz in den ihnen anvertrauten Angelegenheiten und ihre Fähigkeit, die Zeichen der Zeit zu erkennen, auszeichnen", hieß es.

Aus diesem Grund sei es notwendig, der Auswahl und der Ausbildung des Personals sowie der Arbeitsorganisation und der persönlichen und beruflichen Entwicklung jedes Einzelnen große Aufmerksamkeit zu widmen. Das Dokument "Praedicate Evangelium" wurde von einem Kardinalsrat ausgearbeitet und in rechtlicher und kirchenrechtlicher Hinsicht überarbeitet.

Thema sexueller Missbrauch

Die Verfassung geht auch der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in einem Paragrafen auch auf das Thema sexueller Missbrauch ein. Die Päpstliche Kommission zum Schutz Minderjähriger solle etwa Bischöfe und Bischofskonferenzen unterstützen, Strategien zu entwickeln, um Minderjährige vor sexuellem Missbrauch zu schützen, hieß es im Abschnitt zur Glaubenskongregation, der Missbrauchsfälle in der Kirche gemeldet werden müssen. Außerdem soll die Kommission gemäß des Kirchen- und Zivilrechts angemessene Antworten im Fall von Missbrauch etwa durch Kleriker finden.

Pressekonferenz am Montag

Am Montag ist im Vatikan eine Pressekonferenz zu seiner Präsentation geplant. Die Reform wird von Kardinal Marcello Semeraro, Präfekt der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse, Marco Mellino, Sekretär des Kardinalsrates, und Jesuitenpater Gianfranco Ghirlanda, emeritierter Professor der Päpstlichen Universität Gregoriana, vorgestellt, teilte der Vatikan mit.