Wirt stach Gast in Kärnten nieder: Sieben Jahre Haft
Ein 61-jähriger Gastwirt, der im Sommer in Kärnten einen Lokalgast niedergestochen und schwerst verletzt hatte, ist am Dienstag am Landesgericht Klagenfurt wegen versuchten Totschlags zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Der Slowene hatte dem 35-Jährigen, der nur knapp überlebt hatte, nach einem Streit einen wuchtigen Stich in den Bauch versetzt. Die Anklage der Staatsanwaltschaft hatte ursprünglich auf versuchten Mord gelautet, das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Zur Tat war es im August 2022 vor einem Lokal am Klopeinersee gekommen. Das Opfer, ein 35-jähriger Slowene, war mit seiner Familie - darunter zwei Babys - in dem Lokal. Wegen einer Kleinigkeit war es zu einer Streiterei zwischen der Mutter des 35-Jährigen und dem Angeklagten gekommen. Es entwickelte sich ein Gerangel, bei dem der 35-Jährige mit seinem einjährigen Sohn auf dem Arm einen Kellner, den Sohn des Angeklagten, am Hals erfasste und gegen eine Wand drückte.
Das Zustechen sei automatisch passiert
Daraufhin wollte der Mann mit Familie das Lokal verlassen. Der Kellner ging ihm nach, woraufhin es erneut zu einem Gerangel kam. Wie genau das ablief, darüber gab es auch nach den insgesamt 15 Zeugeneinvernahmen am Dienstag keine absolute Klarheit. Die Familie des Angeklagten änderte etwa ihre Aussagen, die sie vor der Polizei gemacht hatten, etwas ab. Fest steht nur, was vor dem Lokal schließlich passierte: Der 61-Jährige eilte mit einem großen Messer aus der Küche und rammte es dem 35-Jährigen in den Bauch. Dieser wurde schwerst verletzt, ein Bauchmuskel wurde durchtrennt, die Baucharterie ebenso getroffen, wie die Leber. Bis zu ein Liter Blut trat im Bauchraum aus, erklärte die Sachverständige: Ohne sofortige Erste Hilfe und Notoperation hätte der Mann nicht überlebt.
"Ich wollte das Leben meines Sohnes retten", erklärte der 61-Jährige vor dem Geschworenensenat. Der 35-jährige "Bodybuilder" habe seinen Sohn im Würgegriff gehabt. Umbringen habe er den 35-Jährigen jedenfalls nicht wollen, "ich fühle mich nur schuldig, dass ich die Notwehr etwas überschritten habe". Das Zustechen sei automatisch passiert: "Ich wollte ihn nur erschrecken und habe nicht mit voller Wucht zugestochen", gab er an. "Wie kann man jemanden erschrecken, wenn man ihn in den Bauch sticht?", wollte der Vorsitzende des Schwurgerichts, Richter Dietmar Wassertheurer, wissen, worauf der Angeklagte keine rechte Antwort hatte.
Einstimmiges Urteil
Staatsanwalt Julius Heidinger verwies auf den 20 Zentimeter langen Stichkanal im Bauch des Opfers: "Sie sagen, dass Sie nicht mit voller Wucht zugestochen haben. Das passt nicht zusammen." Das bezweifelte auch die Sachverständige: "Um Haut und Muskeln zu durchtrennen, braucht es einen wuchtigen Stich. Hat man diesen Widerstand überwunden, dann ist man im Bauchraum, das kann man dann nicht mehr steuern oder abstoppen."
Verteidiger Hans Gradischnig zitierte in seinen abschließenden Worten ein OGH-Urteil, in dem ein Messerstich als Notwehr gewertet wurde, wenn man sich einem "rücksichtslosen, körperlich überlegenen" Angreifer gegenübersieht - und so einer sei der muskulöse 35-Jährige gewesen. In der Situation vor dem Lokal habe der 61-Jährige seinen Sohn retten wollen: "Dass dem Vater da etwas explodiert ist, dass er sagt, er muss ihm helfen: Das ist lebensnah." Aus seiner Sicht lag eine Notwehrsituation vor, die in den Augen des 61-Jährigen geherrscht habe, töten habe er den Mann aber nicht wollen.
Dass es zu einem Gerangel gekommen war, sei unstrittig, sagte Heidinger in seinem Plädoyer. Und auch auf die durchtrainierte Statur des 35-Jährigen wies er hin: "Wenn bei der Rangelei der Eindruck einer bedrohlichen Situation entstand, ist das verständlich." Der Kellner habe auch Abschürfungen und Prellungen erlitten. Doch auch dieser Angriff wäre kein Grund für eine Nothilfe gewesen, so der Staatsanwalt, vielmehr sei der Angriff auch schon vorbei gewesen, als der 61-Jährige zugestochen hatte. Er sah die Tötungsabsicht absolut gegeben und forderte einen Schuldspruch wegen versuchten Mordes.
Die Geschworenen kamen nach zweieinhalbstündiger Beratung zu einem anderen, aber einstimmigen Urteil. Laut ihrem Wahrspruch hatte der 61-Jährige "in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung" gehandelt, der Strafrahmen hierfür liegt bei bis zu zehn Jahren. Verteidiger Gradischnig erbat für seinen Mandanten drei Tage Bedenkzeit.