„Wir haben vom Schicksal zwei rechte Gerade bekommen“
Von Christian Willim
Vor dem Hotel Hubertushof in Hüttau im Salzburger Pongau türmt sich ein Berg, auf den die Helfer kaputten Hausrat werfen. Den Herd, die Tische, die Matratzen, sogar Zimmerpflanzen. „Das war einmal unser Hotel“, sagt Chefin Birgit Mann. „Alles hin.“ Eineinhalb Meter hoch stand die braune Suppe im Erdgeschoß des Hauses und zerstörte Speisezimmer, Stüberl, Rezeption, Küche, Bar und Gästezimmer.
Die Mure kam am Sonntag um 7.50 Uhr. Im Trieggraben hatte sich der Bach durch Holz und Treibgut verklaust; binnen Minuten wälzte sich eine gewaltige Schlammlawine bis in den Ort, drang in Wohnungen ein und schluckte Autos und Teile von Gebäuden. „Die Mure schoss vorne bei den Fenstern rein und hinten wieder raus“, erzählt Birgit Mann, die sich mit Familie und Personal gerade noch rechtzeitig in den zweiten Stock retten konnte. Fünf Minuten zuvor waren 51 Gäste in den Bus gestiegen und abgereist – „ein Riesenglück, sonst hätten wir hier 51 Tote gehabt.“
Noch nie erlebt
100 Meter oberhalb des Hotels riss die Mure die Hälfte des Personalhauses weg. „Was da am Sonntag los war, habe ich noch nie erlebt“, sagt Hotelchef Hubert Mann. „Wir haben vom Schicksal zwei rechte Gerade bekommen.“
In ganz Hüttau mussten knapp 40 Personen evakuiert werden, berichtet Rupert Bergmüller, der Bürgermeister des 1500-Einwohner-Ortes. „Das war ein Extremereignis und nicht vorhersehbar.“
Wo Sonntagfrüh noch die Wohnzimmercouch der Familie Wimmer stand, fährt nun der Bagger.
Auch in Taxenbach im Pinzgau gingen am Montag die Aufräumarbeiten weiter. „Ich war gerade im Bad, da ist es los gegangen“, berichtet Sebastian Brunner. „In letzter Sekunde kam ich noch aus dem Haus. Bis zum ersten Stock ist alles vermurt.“
Mit Booten evakuiert
Mit dem Schrecken davongekommen sind auch Anneliese Gründle und ihre Familie in Kössen, das in Tirol am schlimmsten vom Hochwasser erwischt wurde. „Zum Glück ist niemand verletzt. Sonst müsste man sich eigentlich einen Strick nehmen und sich aufhängen“, sagt die Kellnerin, während Helfer in ihrem Garten Schlamm schöpfen. „Erst letzte Woche haben wir die Renovierung an unserem Haus abgeschlossen. Jetzt ist alles zerstört.“ In der Nacht auf Sonntag war das Wasser der nahen Großache in Gründles Haus im Ortsteil Erlau auf fast zwei Meter gestiegen. „In der Früh sind wir dann mit Booten evakuiert worden.“