Wahlen in Graz: Blau stichelt, will aber weiter regieren
„Beleidigt sein ist keine Kategorie in der Politik. Da muss man als Profi drüber stehen“, begründet Mario Eustacchio, weshalb er auch nach dem 26. September bleiben will, was er ist: Regierungspartner der ÖVP und damit Vizebürgermeister. Allerdings wurde der FPÖ-Stadtparteichef von ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl mit der Festsetzung des frühen Wahltermins überrascht: Die Grazer wählen bereits am 26. September neu, die laufende Gemeinderatsperiode hätte eigentlich bis zumindest Februar 2022 gedauert.
Die Grazer Blauen hätten zwar lieber weitergemacht und den Wahltermin nicht aus den Medien erfahren wollen, aber Eustacchio und Klubobmann Armin Sippel zeigen sich am Dienstag betont gelassen. „Schwarz-Blau hat weiter seinen Reiz, auch wenn ein Regisseur das Drehbuch nicht eingehalten hat“, sinniert Sippel. „Die Romanze hatte zwar kein Happy End, aber eine Fortsetzung ist möglich.“
Die Kritik an der ÖVP wirkt entsprechend sacht und mehr an der Bundespolitik aufgehängt als am Partner im Grazer Rathaus. „Möglicherweise ist der Auftrag aus Wien gekommen, türkis-grün in ganz Österreich durchzuschalten“, stichelt Eustacchio. „Vielleicht kann man die Wahlen in Oberösterreich auch unter dem Vorzeichen türkis-grünes Experiment sehen.“ In Oberösterreich finden am 26. September Landtagswahlen statt. Dass Judith Schwentner von den Grünen, schon vor Wochen mit der Ansage, Bürgermeisterin werden zu wollen, in den Wahlkampf ging, sehen die Blauen als Indiz dafür, „dass das abgedealt ist“.
"Die blaue Forelle"
„Das türkis-grüne Experiment hat sich Graz aber nicht verdient“, monieren die Blauen. „Wir wollen keine autofreie Stadt, keine Umweltzone“, legt sich Sippel fest. „Wir sind da die blaue Forelle, die gegen den Strom schwimmt.“ Derzeit liegt die FPÖ an dritter Stelle hinter ÖVP und KPÖ, die Grünen liegen auf Platz vier. Diese Wahlen seien „eine Richtungsentscheidung“, kommentiert Sippel: „Für die Regenbogenfraktionen oder eine vernünftige Politik.“ Das Wahlziel von Parteichef Eustacchio ist vage: „So stark werden, dass man an uns nicht vorbei kommt.“
Die Kandidatenliste der FPÖ für die Wahlen ist fertig, auf den wählbaren Plätzen sind sieben Männer und drei Frauen. Auf Platz fünf gereiht und damit sicher im Gemeinderat ist Michael Winter. Er fiel 2008 mit einer umstrittenen Äußerung über Muslime auf und wurde später wegen Verhetzung rechtskräftig zu einer bedingten Haft von drei Monaten verurteilt. Eustacchio beschreibt Winters Kandidatur als „ganz klares Zeichen“: „Er sagt selbst, als 17-Jähriger hat er einen Blödsinn gemacht. Danach hat er in Windeseile studiert und ist jetzt bei der Polizei.“ Man müsse Menschen eine zweite Chance geben.