Recht auf Kinderbetreuungsplatz wird in Tirol 2026 Gesetz
Von Christian Willim
4,5 Milliarden Euro bis 2030 hat Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) den Ländern und Gemeinden für den Ausbau der Kinderbetreuung in Österreich in Aussicht gestellt. Einen Rechtsanspruch könne es aber erst geben, wenn ausreichend Infrastruktur und Personal zur Deckung des Bedarfs vorhanden ist.
In diese Richtung geht es auch in Tirol, das aber einen anderen Zugang wählt.
Am Dienstag hat die schwarz-rote Landesregierung nach ihrer Herbstklausur einen konkreten Fahrplan vorgelegt, um Eltern bei Bedarf – wie von beiden Parteien paktiert – einen ganzjährigen, ganztägigen Betreuungsplatz für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr zu garantieren.
Nicht auf einen Schlag
"Wir sind in Österreich die Ersten, die das in dieser Konsequenz angehen", sparte ÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle bei einer Pressekonferenz in einer Vorbild-Betreuungsstätte in Kolsass nicht mit Eigenlob. Man werde die Sache aber "mit dem notwendigen Pragmatismus angehen", sekundierte sein Stellvertreter Georg Dornauer (SPÖ).
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Beiden ist bewusst, dass es aktuell weder ausreichend Personal noch Räumlichkeiten gibt, um den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung umsetzen zu können. ÖVP-Bildungslandesrätin Cornelia Hagele will, wie berichtet, im Herbst kommenden Jahres daher zunächst in ein bis zwei Modellregionen starten.
Ein nun beschlossener Leitantrag der Regierung sieht aber ein konkretes Ziel vor, wann das Angebot flächendeckend umgesetzt werden soll. "Wir wollen es bis 2026 schaffen, den Rechtsanspruch auf ganz Tirol auszudehnen", so Hagele. In drei Jahren soll er dann auch gesetzlich verankert werden.
Keine Wohnort-Garantie
Die Landesrätin spricht im Konkreten von einem "Recht auf Vermittlung eines Betreuungs- und vor allem Bildungsplatzes". Wenn sich der Anspruch nur auf Vermittlung bezieht, "geht es nicht darum, ein Schlupfloch zu finden", versichert Mattle auf Nachfrage. Vielmehr sei das darauf gemünzt, dass der Betreuungsplatz "nicht an den Wohnort gebunden ist".
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Das heißt im Konkreten: Nicht jede einzelne Gemeinde muss für sich einen Betreuungsplatz garantieren, vielmehr sollen regionale Verbände das Angebot organisieren. Für Eltern müssen die Einrichtungen innerhalb von rund fünfzehn Autominuten erreichbar sein.
"Die Gemeinden werden auch zukünftig als Träger die Verantwortung tragen", so der Landeshauptmann. Dass die Verantwortung nach dem Floriani-Prinzip zwischen den Gemeinden hin- und hergeschoben wird, glaubt er nicht.
Gemeinden sind gefordert
Die Befürchtung ist aber nicht ganz von der Hand zu weisen. Denn das notwendige Zusatzpersonal für den Ausbau wird nicht vom Land finanziert. Hier will man am bisherigen Unterstützungsmodell festhalten. So bekommen die Gemeinden nach verschiedenen Kriterien – etwa ihrer Finanzkraft – Zuschüsse.
Aktuell steuert das Land in der Elementarpädagogik 120 Millionen Euro für Personalkosten und rund 14 Millionen für Infrastruktur bei. Nun sollen für den Ausbau in beiden Bereichen weitere 50 Millionen Euro bis 2026 in die Hand genommen werden.
Unklar ist noch, wie die von Nehammer versprochenen Milliarden verteilt werden sollen. Hier rechnet Mattle damit, das Tirol zumindest gemäß Bevölkerungsschlüssel bedient wird. Das wären 369 Millionen Euro. Er würde sich aber über "eine kleine Draufgabe" freuen, da man eben Vorreiter sei. All das gilt es im Rahmen des Finanzausgleichs zu verhandeln.
Personalbedarf noch unklar
Beim Personal hat Tirol indes eine Herkulesaufgabe zu stemmen. Schon jetzt fehlen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit einer Imagekampagne und einer Reform der Besoldung will man PädagogInnen halten und neue gewinnen. Und dann sollen noch über eine vom Land finanzierte Stiftung Arbeitssuchende für den Beruf qualifiziert werden.
Wie groß der Personalbedarf durch den Ausbau der Kinderbetreuung sein wird, ist laut Hagele "noch schwer zu beziffern". Ein konkretes Finanzierungsmodell harrt noch seiner Ausarbeitung und hängt auch vom Ergebnis der Verhandlungen um den Finanzausgleich ab.
Nicht genau festgelegt sind zudem die konkret geplanten Öffnungszeiten bzw. Schließtage. "Ganzjährig heißt auch ganzjährig", versichert aber die Bildungslandesrätin. Einrichtungen würden "im Sommer vielleicht mal zwei Wochen schließen." Sie stellt zudem klar: "Ganztägig heißt von der Früh bis in den Abend."