Tierischer Jahresrückblick 2023: Von Wölfen, Waffen und Werbung
Von Hedwig Derka
„Weniger Verkehr, weniger Bodenversiegelung, mehr Flächen, auf denen Pflanzen und Tiere leben können. Wir müssen das Artensterben stoppen.“ Franz Essl, Ökologe an der Uni Wien, setzt sich seit Langem fundiert für den Umweltschutz ein.
Anfang 2023 kürte ihn der Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten daher zum „Wissenschafter des Jahres“. Essls Kommentar dazu: Die Auszeichnung zeige, dass Artenverlust, Biodiversitäts- und Klimakrise vielleicht die gesellschaftlichen Zukunftsthemen sind.
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2023 ging es wild zu. Nicht nur die bedrohten Spezies in Flora und Fauna machten – federführend durch Essl – heuer Schlagzeilen, auch 13 Rote Flamingos, die ein Fuchs im Wiener Zoo riss, und das Salzburger Nashorn Yeti, das bei der Morgenroutine seine Pflegerin tötete, sorgten hierzulande für tierische Top-News.
Medial mitdiskutiert wurde aber vor allem über Wölfe, Kampfhunde und ein namenloses Orang-Utan-Baby.
- Die Rückkehr der Wölfe
Das Comeback des großen Beutegreifers regte besonders auf, denn Wölfe sind in Österreich nicht mehr nur als Einzelgänger unterwegs. Es haben sich mittlerweile sieben Rudel gebildet.
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Tierschützer begrüßten diese Entwicklung: Etablierte Rudel verteidigen ihr Gebiet gegen Artgenossen und vertreiben jene Durchwanderer, die maßgeblich für die Nutztierverluste verantwortlich sind. Zudem würden sie Wildbestände gesund halten und die Artenvielfalt fördern.
Naturgemäß dagegen argumentierten Weidetierhalter und Jäger. Risse sowie Wolfssichtungen in Ortschaften am helllichten Tag veranlassten schließlich einzelne Landesregierungen, regionale Ausnahmen zum EU-Recht zu erlassen. Infolge des herabgesetzten Schutzstatus wurde heuer mehr als ein duzend Wölfe legal geschossen.
- Taufe für Orang-Utan-Baby
Im Juli gab der Tiergarten Schönbrunn bekannt, dass der Orang-Utan-Nachwuchs ein Mädchen ist. Wider sonstige Gepflogenheiten wurde der Namen des Menschenaffen zunächst aber nicht bekannt gegeben. Mit der „neue Strategie“ wollte Zoo-Direktor Stephan Hering-Hagenbeck die Aufmerksamkeit weg vom Individuum, hin zum Schutz ganzer Populationen lenken.
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Doch während andere Zoologische Gärten der Argumentation etwas abgewinnen konnten, musste Schönbrunn bald zurückrudern – aus wirtschaftlichen Gründen: Die Namensgebung für Tiere sei als Marketing-Instrument unverzichtbar (für Patenschaften). Das Orang-Utan-Mädchen heißt übrigens Nilah.
- Tödlicher Hundeangriff
Im Oktober attackierte ein American Staffordshire Terrier eine Joggerin so schwer, dass die 60-Jährige am Unfallort starb. Das Drama in Oberösterreich löste einmal mehr die Diskussion um ein Verbot von Beiß- und Angriffstrainings durch Privathalter aus.
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Der Österreichische Kynologenverband auf der einen Seite wollte den Gebrauchshundesport in allen Facetten erhalten. Nur die Erziehung zu folgsamen, wesensstarken, belastbaren Hunden ermögliche ein harmonisches Miteinander von Mensch und Tier.
Eine breite Tierschutz-Allianz, darunter Vier Pfoten und Tierschutz Austria, auf der anderen Seite lehnte die Disziplin, bei der Hunde auf Kommando angreifen, für Laien ab. Die Ausbildung zum Schutzhund müsse Behörden vorbehalten sein. Nur so könne verhindert werden, dass Vierbeiner einen Trigger außerhalb des Übungsplatzes verwechseln und zubeißen. Der zuständige Bundesminister Johannes Rauch (Grüne) sicherte Unterstützung zu.
Auch Biodiversitätsforscher Franz Essl sieht Entscheidungsträger auf höchster Ebene in der Pflicht: „Im Umweltschutz fehlen die Taten. Das ist kein Versagen der Wissenschaft, sondern eines der Politik."