Chronik/Österreich

Sprengstoff macht den Winterspaß sicherer

Bereits 17 Lawinenopfer in der laufenden Wintersaison verheißen eine überaus blutige Bilanz. Damit es zum Ende der Skiwinters nicht noch mehr werden, sind Lawinenkommissionen dieser Tage rund um die Uhr im Einsatz.

Der KURIER hat einer Truppe bei ihrer nicht ungefährlichen Arbeit auf die Finger geschaut. "Die Leute führen ihre Arbeit freiwillig und unentgeltlich durch und setzen sich dabei oft selbst gewissen Gefahren aus. Wir sind ja meistens bei den widrigsten Bedingungen im Einsatz", erklärt Karl Tisch. Der Bergretter ist auch Mitglied der Lawinenkommission am höchsten Berg Niederösterreichs, dem Schneeberg. Die Kommissionen sind dazu da, um für Gemeinden, die Straßenverwaltung oder beispielsweise Bergbahn-Betriebe lawinengefährliche Situationen einzuschätzen und im Notfall einzugreifen.

Detonation

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Diese Woche bedrohte ein Hang mit starken Schneeverfrachtungen das Skigebiet Losenheim am Schneeberg. Trotz starken Sturms und Lawinengefahr legte die Kommission am Berg ein Schneeprofil an. "Es wurde eine gefährliche Situation erkannt. Der Hang hätte jederzeit auf die darunterliegende Piste abgehen können. Also wurde kontrolliert gesprengt", erklärt Tisch. Mit Unterstützung der Sprenggruppe der Feuerwehr wurden 2,5 Kilogramm Lawinit-Sprengstoff auf einem Dreibein in Stellung gebracht und mittels elektrischem Zünder zur Detonation gebracht. Die Schneemassen donnerten mit einem lauten Grollen ins Tal. Die Situation war damit bereinigt, die Arbeit für die Kommission aber noch lange nicht. "Wir liefern die Daten der entnommenen Schneeprofile und andere Wetterdaten regelmäßig an den Lawinenwarndienst. Mithilfe der gesammelten Informationen werden dann die Warnstufen für die jeweiligen Gebiete festgelegt", so Tisch.

Bilanz

Bei den 17 Todesopfern im heurigen Winter handelt es sich nicht, wie oft vermutet, vorrangig um Tourengeher. Das zeigt die Statistik des Kuratoriums für Alpine Sicherheit.

Demnach sind sieben Menschen bei Skitouren ums Leben gekommen. Nahezu ebenso viele Todesopfer (sechs) sind der Gruppe der Variantenfahrer zuzurechnen, die von Skigebieten ins freie Gelände fahren. Ebenfalls in der Bilanz: Zwei Wanderer sowie zwei Tiroler Seilbahn-Mitarbeiter, die bei der Erstellung eines Schneeprofils verschüttet wurden.

Im ganzen Land wurden am Donnerstagvormittag die Lawinenwarnstufen heruntergesetzt. Damit ist die von Experten erhoffte Entspannung eingetroffen. "Aber trotzdem heißt es immer noch Aufpassen", warnt Andreas Würtele vom Kuratorium für Alpine Sicherheit. "Die Einschätzungen der Lawinenwarndienste beziehen sich immer auf Regionen und nicht auf einzelne Hänge", sagt der Tiroler. Am Nachmittag galt in weiten Teilen des Landes zudem bereits wieder Warnstufe 3 auf der fünfteiligen Skala.

Für das kommende Wochenende rechnet Würtele angesichts der Wetterprognosen mit keiner besonderen Verschärfung der Lawinensituation. "Besonders im Auge behalten muss man die Lage in Kärnten und Osttirol", erklärt Würtele. Dort könne es nämlich Niederschläge und viel Wind geben – eine stets brisante Kombination.

Dass heuer Lawinen bereits 17 Menschenleben – mehr als im gesamten vorigen Winter – forderten, hat laut dem Sicherheitsexperten vor allem mit den Rahmenbedingungen und weniger mit der Unvorsicht der Sportler zu tun: "Der Aufbau der Schneedecke entscheidet über Leben und Tod." Und der ist in diesem Winter eine einzige Katastrophe.

Insbesondere in den Zentralalpen hatte sich auf dem ersten Schnee oft eine Eisschicht gebildet, die eine Verbindung mit den später hinzugekommenen Schneeschichten verhindert. "Die Eisschicht wirkt wie ein Kugellager", erklärt Würtele. Das heißt, der Schnee kommt leicht ins Rutschen. Auch weiterhin.