Nach Nashorn-Attacke: Zoo Salzburg hat wieder geöffnet
Der Tod einer deutschen Tierpflegerin sorgt auch Tage danach weit über Salzburg hinaus für Entsetzen. Während einer Routinearbeit - Nashörner werden regelmäßig mit einem Insektenstift eingecremt - ging das Tier plötzlich auf die Pflegerin los. Ihr Ehemann, ebenfalls Pfleger im Zoo, kam ihr noch zu Hilfe, auch er wurde verletzt.
Noch an der Unfallstelle starb die 33-Jährige.
Nun hat der Zoo Salzburg am Freitag seine Tore wieder geöffnet. Das Nashornhaus selbst, in dem sich der Zwischenfall ereignet hat, bleibt aber wie angekündigt bis auf weiteres geschlossen. Direktorin Sabine Grebner zeigte sich am Freitag berührt über die große Anteilnahme, die dem Zoo und seinen Bediensteten gegenüber ausgesprochen werde.
Im Moment erfahre der Zoo große Anteilnahme, sagte Zoo-Direktorin Sabine Grebner am Freitag gegenüber dem ORF: "Das Schöne ist, dass so viele Menschen an uns denken. Die Zoo-Welt sowieso, wir haben etwa von ganz vielen Pflegern aus anderen Zoos Nachrichten bekommen, auch von Besuchern und Einheimischen. Es denken so viele an uns - sie schreiben uns, schicken uns Nachrichten. Und es ist schön zu sehen, dass wir nicht allein sind." Für die verstorbene Tierpflegerin wird im Zoo ein Ort der Erinnerung eingerichtet.
In einer Pressekonferenz gab Grebner in dieser Woche Details zu dem Unfallvorgang bekannt.
OP gut überstanden
"Zum Anfang möchte ich zumindest eine gute Botschaft verkünden. Der Ehemann der Pflegerin, der durch die Attacke ebenfalls verletzt wurde, hat die Operation gut überstanden, es besteht keine Lebensgefahr mehr. Er ist auf dem Weg der Besserung, seine Familie hat ihn auch schon besucht", sagte eingangs Josef Schöchl, Aufsichtsrat des Zoos. "Er hat wirklich alles versucht, um seine Frau zu retten", sagt Grebner.
Eventuell bringe seine Einvernahme mehr Details über die Unfallursache ans Licht. "Wir wissen nämlich immer noch nicht genau, wie die Tragödie passiert ist. Die Auswertung der Videokameras im Außenbereich hat nichts ergeben und in der Innenanlage sind keine Kameras installiert", informierte die Zoo-Direktorin.
Auch auf die Frage, welche Sicherheitsvorkehrungen nun verschärft werden, gebe es noch keine konkreten Details. "Wir sind dabei, alle Maßnahmen neu zu evaluieren. Unser Zoo galt immer als Vorzeige-Zoo, bei den Nashörnern und anderen Tieren herrschen strenge Vorkehrungen.
Zwischen Nashorn und Pfleger befinden sich schwere Betonboller, die rund 1,50 Meter breit sind und in einem Abstand von 40 Zentimetern zueinander stehen", so Grebner. Ein Nashorn würde es demnach nie schaffen, durch die Boller hindurchzuschlüpfen.
Pflegerin wurde innerhalb der Anlage gefunden
"Wie kann es dann sein, dass die Frau hinter diesen Bollern, also in der Nashornanlage gefunden worden ist?", fragt ein Journalist während der Pressekonferenz. "Das gilt es jetzt, abzuklären. Die Pflegerin war dafür bekannt, dass sie immer sehr auf Sicherheit bedacht war und niemals ein Risiko einging. Aber es könnte eventuell sein, dass das Nashorn sie mit seinem Horn in die Anlage gezogen hat", mutmaßt Grebner.
Die Nashörner selbst werden derzeit vom Revierleiter betreut. "Sie müssen natürlich weiterhin gefüttert werden, auch der Stall muss gereinigt werden. Deswegen rechne ich das meinen Mitarbeitern sehr hoch an, dass sie sich wieder zurück an die Unfallstelle wagten und weiterarbeiteten. Die Tiere selbst sind ganz unruhig und wollten in der Nacht auch nicht in den Stall, sie spüren unsere Nervosität", sagte Grebner.
Das Nashorn-Haus im Afrikabereich bleibt vorerst geschlossen. Alle 27 Mitarbeiter sind seit Mittwoch wieder im Einsatz und werden weiterhin von einem Kriseninterventionsteam betreut. "Ein Tierpfleger ist kein Beruf, sondern eine Leidenschaft. Wir sind eine Familie", hob die Zoo-Direktorin Sabine Grebner hervor. "Yeti" soll außerdem im Salzburger Zoo bleiben. "Außer die Mitarbeiter fühlen sich unwohl, weiter mit dem Tier zu arbeiten, dann müssen wir schauen, ob wir Jeti woanders unterbringen. Aber derzeit sieht es nicht so aus", betont die Direktorin. Der Zoo bleibt jedenfalls heute und morgen noch geschlossen, am Freitag öffnen sich die Türen für die Besucher wieder.
Wie der Tag der Tragödie genau ablief und was einige Besucher dazu sagten, lesen Sie in der Reportage
von David Retzer, Kristin Butz und Stephanie Angerer
Normalerweise steht das eiserne Eingangstor zum Zoo Hellbrunn in Salzburg an einem Dienstagmorgen weit offen. Besucher aus aller Welt strömen hindurch. Nicht so an diesem Tag: „Der Zoo bleibt heute geschlossen“ steht auf einem provisorisch befestigten Schild, das am Tor hängt. Nur für die ausfahrenden Rettungswagen wird das Seitentor des Tierparks geöffnet.
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Nur wenige Stunden zuvor war eine Pflegerin – eine 33-jährige Deutsche – Opfer einer tödlichen Tier-Attacke geworden. Das Nashorn „Yeti“ hatte die junge Frau zu Tode getrampelt. Die 33-Jährige war an diesem Tag dazu eingeteilt, die Nashörner mit einem Insektenstift einzuschmieren. Vermutlich bei dieser Arbeit attackierte das 30 Jahre alte Nashorn-Weibchen „Jeti“ die Pflegerin aus noch unbekanntem Grund im Nashornhaus 1. Die junge Frau erlitt schwere Verletzungen im Bereich des Brustkorbes. Wiederbelebungsversuche scheiterten, die 33-Jährige starb noch an der Unfallstelle.
Zweiter Pfleger verletzt
Ein zweiter Tierpfleger – der Ehemann der Zoo-Mitarbeiterin – wollte eingreifen und „Jeti“ vertreiben, doch vergebens. Stattdessen ging das Nashorn auch auf ihn los und fügte dem 34-Jährigen Verletzungen zu. Mit einem Oberschenkelbruch wurde der Pfleger ins Uniklinikum Salzburg gebracht.
Wie es zu dem tödlichen Unfall kam, muss nun geklärt werden. Derzeit würden alle Sicherheitsbestimmungen evaluiert – und sollten sich hier Möglichkeiten zur Optimierung zeigen, werde man diese natürlich umsetzen, gab die Direktorin des Zoos, Sabine Grebner, bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz bekannt.
„Sie war bei den Tieren sehr vorsichtig und bedacht und sie hatte ein extrem gutes Gespür für Tiere“, sagte die Leiterin über ihre ehemalige Mitarbeiterin. Nashörner seien grundsätzlich sehr sanfte und schlaue Tiere, nur ihr Gewicht mache den Umgang mit ihnen oft schwierig.
„Yeti“ seit 2009 im Zoo
„Yeti“ befindet sich seit 2009 im Zoo Salzburg, gekommen ist das Nashornweibchen aus einem Reservat in Afrika. Grebner äußerte beim Mediengespräch ihr tiefes Bedauern und sprach den Angehörigen der Bayerin ihr tiefes Mitgefühl aus. In der Geschichte des Zoos hätte es noch nie einen so schweren Unfall gegeben.
Nicht nur im Zoo, sondern auch in unmittelbarer Umgebung war die Stimmung an diesem Tag gedrückt. „Ich habe es gerade erst gehört. Eine junge Frau ist gestorben. Es ist so tragisch, ich hab jahrelang direkt neben dem Tierpark gelebt. In der Nacht konnte man immer die Wölfe und Affen hören“, schildert etwa die 81-jährige Traudl, die in Salzburg wohnt.
Stimmung bei Besuchern gedrückt
Ein Ehepaar aus Bayern wundert sich, warum am Parkplatz keine Autos stehen: „Wir sind oft in Salzburg und spazieren gerne hier in Hellbrunn. Es ist schrecklich, was hier passiert ist.“ Einige Besucher dürften von der tödlichen Attacke erst erfahren haben, als sie schon vor den Toren des Zoos standen. „Der Vorfall ist sehr unschön. Im Internet steht, dass der Zoo geöffnet ist. Weiß man, wann er wieder geöffnet wird?“, fragt sich ein Mann.
Bisher gab es keine Vorfälle mit Nashörnern
Seit etwa 30 Jahren gibt es ein Nashorngehege im Zoo Salzburg. Es handle sich um eine "Vorzeigeanlage" und es habe bisher keinerlei Vorfälle mit Nashörnern gegeben, so Grebner. Erst heuer sei die Anlage von der EAZA (European Association of Zoos and Aquaria, Anm.) gescreent worden. "Es wurde alles begutachtet und für korrekt empfunden."
Braucht es Waffen im Zoo?
Erst unlängst kam es zu Diskussionen, weil Stephan Hering-Hagenbeck, Direktor des Schönbrunner Tiergartens, eine Pumpgun führen wollte.
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Angesichts des jüngsten Vorfalls im Salzburger Zoo dürfte die Debatte damit noch nicht beendet sein. Damals meldeten sich jedenfalls auch der Leibziger Zoodirektor Jörg Junhold und der frühere Schönbrunn-Direktor Helmut Pechlaner zu Wort.
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Laut der Facebook-Seite des Zoos bleibt der Tiergarten den ganzen Dienstag geschlossen.