Chronik/Österreich

Prozess nach Fünffachmord in Kitzbühel: "Es war ein unvorstellbares Ereignis"

In Kitzbühel ist man Aufsehen gewöhnt. Das alljährliche Streif-Spektakel ist das Highlight im alpinen Ski-Zirkus. Abseits der Stippvisiten von C-Promis haben Millionäre hier ihr Domizil errichtet. Letztlich ist die Bezirkshauptstadt mit ihren etwas mehr als 8.000 Einwohnern aber doch nur ein Dorf, in dem jeder jeden kennt.

Umso mehr wurde die Gemeinde im vergangenen Oktober von einer Bluttat erschüttert, bei der ein junger Einheimischer eine ganze Familie ausgelöscht hat – darunter seine Ex-Freundin und deren neuen Freund, einen Eishockey-Torwart aus Oberösterreich.

„Es war ein unvorstellbares Ereignis“, sagt Bürgermeister Klaus Winkler, vor dem Prozess gegen Andreas E., der sich am Mittwoch am Landesgericht Innsbruck wegen des Fünffachmordes verantworten muss. In Kitzbühel ist laut Winkler inzwischen wieder Ruhe eingekehrt.

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Doch medial wird das Gewaltverbrechen nun noch einmal große Wellen schlagen. 23 Journalisten von TV-Stationen und Zeitungen aus dem deutschsprachigen Raum werden das Verfahren im Schwurgerichtssaal verfolgen. „Da besteht sehr viel Interesse“, sagt Gerichtssprecher Andreas Stutter.

Trennung als Auslöser

Aufgrund der Corona-Sicherheitsauflagen konnten abseits der Medienvertreter und der Verfahrensbeteiligten nur zehn weitere Zuseher zugelassen werden. Als Motiv der Tat gilt, dass E. es nicht verwunden hat, dass sich Nadine H. nach mehrjähriger Beziehung von ihm getrennt hatte. Zuvor hatten beide unter dem Dach der Eltern der 19-Jährigen gelebt.

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In der Tatnacht kam es noch einmal zum Streit vor dem Haus von Familie H. Nachdem Nadines Vater Michael den damals 25-jährigen weggewiesen hatte, kehrt er um 5.30 Uhr mit einer Pistole, die seinem Bruder gehörte, zurück. Er richtete die Eltern (59 und 51) und den Bruder (23) von Nadine H. regelrecht hin, bevor er auch seine 19-jährige Ex-Partnerin und deren neuen Freund (24) im ersten Stock in einer Einliegerwohnung erschoss.

Kurz darauf stellte sich E. bei der Polizei. „Ich habe gerade fünf Menschen getötet“, erklärte er einem Beamten und legte eine Pistole und ein Messer hin. In der Einvernahme erklärte er später im Detail, wie sich die Tat abgespielt hatte. Eine nachvollziehbare Erklärung dafür, was einen jungen Mann dazu bewegt, fünf Menschen aus nächster Nähe zu erschießen, kann wohl auch der Prozess nicht liefern.

Unscheinbar

Als „zurückhaltend“ und „einer, der nicht aus der Reihe tanzt“, wurde E. dem KURIER nach der Bluttat von Menschen beschrieben, die ihn kennen. Laut einem Gutachten von Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner war der 26-jährige zum Zeitpunkt der Tat zurechnungsfähig.

„Es war eine Verzweiflungstat im weiteren Sinne. Die Trennung von der Freundin und deren Familie hat er nicht verwunden – es war für ihn seine Zweitfamilie“, erklärte Verteidigerin Vanessa Heiss gegenüber der Tiroler Tageszeitung.