Chronik/Österreich

"Perfekter Partner": Wie ein Hochstapler Frauen um Herz und Geld brachte

Es war zu schön, um wahr zu sein: „Das war mein erstes Bauchgefühl. Ich hätte darauf hören sollen“, sagt die Wienerin Susanne K. Mehr als 48.000 Euro hat sie einem Mann gegeben, den sie für den „perfekten Partner“ hielt.

Vier Jahre lang war sie mit ihm zusammen. Bis eines Tages um 5 Uhr Früh die Polizei vor der Tür in Wien stand und den Mann mitnahm. Wegen zigfachen Betrugs. Auch sie war zu einem seiner Opfer geworden.

Vor Gericht

Vor wenigen Tagen wurde der mittlerweile 56-jährige Liebesbetrüger im Landesgericht für Strafsachen in Wien zu fünf Jahren Haft verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Staatsanwaltschaft hat Berufung angemeldet.

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Susanne K. hat das Verfahren verfolgt. Erst als Zeugin, danach als Zuhörerin. „Von Ruhm und Glanz ist wenig über“, zitiert sie später aus einem Lied von Rainhard Fendrich. „Es ist tröstlich, zu sehen, dass er mindestens zehn Jahre älter wirkt, als er ist.“

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Opfer gezielt ausgesucht

Mit dem KURIER geht sie nach der Verhandlung auf einen Kaffee, bei dem sie erzählt, wie er sie um den Finger gewickelt hatte. „Irgendwer muss es ja tun“, sagt die 50-Jährige.

Susanne K. ist eine gestandene Frau. Beruflich erfolgreich und keineswegs naiv. „Er hat sich mich bewusst ausgesucht“, sagt sie heute. „Er hat meinen guten Ruf genutzt, um zu meinen Kontakten zu kommen und seine kriminellen Machenschaften durchzuführen.“

Mann von Welt

Herr B. sprach sie bei einer beruflichen Veranstaltung an. Wie immer war er bestens gekleidet. Im Maßanzug und mit italienischen Seidenkrawatten. Er liebte hervorragendes Essen und Champagner, war ein redegewandter Gesprächspartner. Egal ob es um Wirtschaftsthemen oder um Opern-Inszenierungen ging.

Er präsentierte sich als erfolgreicher und international vernetzter Businessman, der angeblich auch an der Gründung von Wirecard beteiligt gewesen sei.

Die Kunst der Blendung

„Er war ein Meister darin, Menschen zu lesen“, sagt Frau K. In ihrem Fall bedeutete das: Er kümmerte sich vorbildlich um ihren Sohn, ging mit ihm Fußball spielen, besuchte Elternabende und verwöhnte sie nach einem langen Arbeitstag mit einem selbst gemachten Drei-Gänge-Menü. „Da schaut man bei anderen Sachen nicht so genau hin.“

„Wir hatten ein schönes Leben“, gibt Frau K. zu. Herr B. genoss es, spendabel zu sein. „Nur das Beste war für ihn gut genug. Wir haben in einer tollen Wohnung gelebt, hatten ein tolles Auto und tolle Urlaube. Aber in Wirklichkeit war das alles nur ein Luftschloss.“

Denn dass immer wieder Mahnung eintrudelten, das bekam sie gar nicht mit. Herr B. sortierte die Post vorher aus. Und wenn die Fassade doch anfing, zu blättern, hatte er immer eine Erklärung parat. „Lügen kann er gut.“

Heldengeschichte

Als der Mann plötzlich eine Fußfessel tragen musste, tischte er eine Heldengeschichte auf. „Er hat erzählt, dass er überfallen worden ist. Er hat sich gewehrt und den Angreifer überwältigt und ihm dabei den Arm gebrochen. Er konnte das, weil er ja angeblich einmal bei einer deutschen Spezialeinheit war“, sagt Frau K.

Eine angeblich übereifrige Staatsanwältin hätte ihn deshalb wegen Notwehr-Überschreitung angeklagt. Die Wahrheit klang weniger heldenhaft. Herr B. war (wieder einmal) wegen Betrugs verurteilt worden.

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Geldsorgen

Dass Susanne K. immer wieder zur Kasse gebeten wurde, fiel ihr nicht gleich auf. Doch die Kaution für die luxuriöse Wohnung, die Urlaube – es waren Beträge, die sie schulterte. Nur als er Zugang zu ihrem Konto wollte, lehnte sie ab.

Wenn der Mann in Geldnot kam, war oft die angeblich böse Ex-Frau schuld, die ihr Geld für Luxusschuhe ausgebe. Oder das Studium der Kinder trotz Alimenten nicht zahlen wollte. Oder die Kreditkarte funktionierte nicht.

„Im Nachhinein ist es fast schwierig, nicht ein gewisses Maß an Bewunderung aufzubringen“, gesteht sie über die Lügenkünste des Ex-Partners ein. „Seine Intelligenz wurde nur mehr durch seine kriminelle Energie übertroffen.“

"Spur der Zerstörung"

Als die Polizei vor der Tür stand, fiel Susanne K. aus allen Wolken. Und selbst da erklärte ihr der Mann noch: „Das ist alles ein Missverständnis, das ist längst erledigt.“

Doch die Polizisten hatten einen ganzen Papierstapel dabei – die gesamten Anschuldigungen.

Und auch Frau K. wurde zunächst als mögliche Komplizin geführt. „Er hat eine Spur der Zerstörung hinterlassen. Wegen ihm war ich sogar Beschuldigte in einem Strafverfahren.“

Zwar wurden die Ermittlungen gegen sie eingestellt, doch nach der Verhaftung offenbarten sich andere Folgen. Plötzlich hatte Frau K. Probleme, einen Stromanbieter zu finden oder einen Handyvertrag zu bekommen. Der Mann hatte für seine Betrügereien auch ihren Namen genutzt.

Nicht alleine

Die Familie half ihr. Und auch das Wissen, dass sie nicht die Einzige ist, die auf ihn hereingefallen war. Bei drei weiteren Frauen hatte er dieselbe Masche angewandt. Auch Geschäftsleute und Anwälte hatte er um Geld gebracht.

„Er wollte in einer Liga mitspielen, wo er nichts verloren hatte“, fasste es Rechtsanwalt Erich Gemeiner zusammen.

„So eine Erfahrung geht nicht spurlos an einem vorüber“, sagt Frau K. jetzt. „Aber ich habe es als Entwicklungschance begriffen. Auch wenn es danach noch einige Irrungen gab, bis ich bereit war, mich auf eine richtige Beziehung einzulassen.“