Neuer Salzburger Weihbischof: "Andreas Laun hat viele wichtige Positionen vertreten"
Salzburgs neuer Weihbischof Hansjörg Hofer (65) schildert im Interview mit dem KURIER, welche Akzente er setzen will, wo er in der katholischen Kirche Handlungsbedarf ortet, wie er es mit den umstrittenen Äußerungen von Vorgänger Andreas Laun hält, warum er in der gleichgeschlechtlichen Ehe "etwas Gekünsteltes" sieht und wie er als Tiroler die Situation der Diözese Innsbruck wahrnimmt, die seit mehr als eineinhalb Jahren auf einen neuen Bischof wartet.
KURIER: Sie sind seit vergangenem Sonntag neuer Weihbischof von Salzburg. Was ändert sich für Sie dadurch?
Hansjörg Hofer: Was ein Bischof zu tun hat, ist mir schon lange bekannt, weil ich schon viele Jahre an der Seite der Erzbischöfe arbeiten durfte. Wenn man selber betroffen ist wie ich jetzt als Weihbischof, hat das noch einmal eine andere Brisanz. Man spürt die Verantwortung, die damit verbunden ist. Und die Verbindlichkeit dessen, was man tut und was man sagt. Die Erwartungen der Menschen und der Priester sind groß, das habe ich schon gespürt. Dem gerecht zu werden, ist eine große Herausforderung. Ich war neben meiner Tätigkeit an der erzbischöflichen Kurie 25 Jahre Seelsorger in der Pfarre Rehhof bei Hallein. Diese Pfarre gebe ich Ende August ab. Die Arbeit in der Pfarrseelsorge war für mich immer ein guter Ausgleich zur Tätigkeit in der Verwaltung der Erzdiözese. Aber das alles kann ich als Weihbischof jetzt nicht mehr verbinden.
Wie viel Einfluss hat der Weihbischof auf den Kurs der Kirche?
Jeder Weihbischof ist Mitglied der Bischofskonferenz. Wenn dort die großen Anliegen in der Kirche und der Gesellschaft im Kollegium besprochen werden, kann und soll sich jeder Bischof in die Diskussion einbringen. Es ist jedoch nicht so, dass die Bischöfe allein den Kurs vorgeben. Sie müssen bei den Gläubigen hinhören. Das ist ein großes Miteinander. In der Erzdiözese Salzburg bin ich Teil des Konsistoriums (höchstes Beratungsgremium in der Diözese, Anm.), in dem die Weichenstellungen für die Zukunft diskutiert werden.
Welche Akzente wollen Sie setzen?
Voraussetzung für alles, was ein Priester oder ein Bischof tut, ist seine persönliche Verwurzelung im Glauben. Aus der Verbundenheit mit Christus will ich auf die Menschen zugehen und auf ihre Nöte und Sorgen schauen. Mir ist es ein großes Anliegen, am Puls der Zeit zu sein. Bei dem, was die Menschen bewegt. Deswegen will ich mich bemühen, das Herz bei Gott haben und das Ohr bei den Menschen.
Sie haben vom „Puls der Zeit“ gesprochen. Wo sehen Sie Reformbedarf in der katholischen Kirche?
Ganz wichtig ist mir die Jugend. Die hat es schwer, als Mensch und als Christ ihren Weg zu finden. Es ist nicht ganz einfach, sie auf dem Pfad des Glaubens zu behalten. Ich will zeigen, dass der Kontakt zur Kirche und der Glaube eine Bereicherung sind. Der zweite Punkt sind die Familien. Wir müssen uns als Kirche stets neu bewusst machen, unter welchen Bedingungen und Zwängen Familien heute leben, arbeiten und wohnen. Das ist alles sehr kompliziert und schwierig geworden. Vor diesem Hintergrund müssen wir das Gespräch mit den Familien suchen. Für mich sind auch das Gebet und die Gottesfrage wichtig. Da haben wir sicher einen gewissen Reformbedarf, weil Gott oft zu kurz kommt im Denken der heutigen Menschen. Vielen ist gar nicht bewusst, dass das Gelingen des Lebens auch etwas mit Gott zu tun haben könnte. Ich mache mir auch Sorgen um die geistlichen und kirchlichen Berufungen.
Die Kirchenbindung von vielen Menschen wird lockerer. Das ist eine Tatsache. Die Entfremdung von der Kirche ist eine Realität. Dann genügt oft das Kleinste, dass sie einen Schritt tun und die Kirche verlassen. Das ist leider Gottes schmerzlich, aber mit dem müssen wir rechnen. Man kann ja heute auch ganz gut als ordentlicher Mensch ohne Gott leben. Das liegt auch daran, weil die Sinnangebote so vielfältig sind.
Wie meinen Sie das?
Die Leute können heute auswählen. Manche sind zum Beispiel begeistert von fernöstlichen Meditationsrichtungen und so weiter. Da gibt es eine breite Fülle an Möglichkeiten. Die Kirche ist nicht mehr so wie früher der alleinige Sinnanbieter. Insofern ist es schmerzlich, wenn sich Menschen von der Kirche abwenden. Und viele verlassen die Kirche, ohne sie jemals richtig kennengelernt zu haben. Bezüglich des Priestermangels müssen wir selbst initiativer werden und vermehrt junge Leute anzusprechen. Manche brauchen einen Schubser und das Wissen, dass viele dann hinter ihnen stehen und sie bestärken. Das ist motivierend.
Wäre es für Sie denkbar, dass man das Priesteramt auch für Frauen öffnet?
Papst Franziskus hat sich dazu, glaube ich, klar positioniert. Ich stehe zur Situation. Es ist aus meiner Sicht keine Diskriminierung, wenn Frauen nicht Priester werden können. Das ist einfach die bisherige Tradition der Kirche. Aber ich möchte dem Heiligen Geist keinen Riegel vorschieben. Ich weiß nicht, was irgendwann sein wird. Ich bin da gelassen, weil der Papst und die Bischöfe um das Problem wissen. Es wird darüber intensiv diskutiert. Die Kirche sucht immer gemeinsam einen Weg in die Zukunft. Wie der aussieht, wird sich herausstellen.
Was würden Sie von der Abschaffung des Zölibats halten? Das ist in der evangelischen Kirche genauso etabliert wie weibliche Priester.
Der Zölibat ist für mich ein Zeichen für eine radikale Christusnachfolge, für die tiefe Verwurzelung im Glauben. Wenn ein Mensch freiwillig um des Himmelreiches willen auf ein hohes Gut wie Ehe und Familie verzichtet, dann ist das ein Hinweis darauf, dass er der Liebe zu Gott nichts vorzieht. Ich glaube, die Kirche tut gut daran, wenn sie an der Ehelosigkeit der Priester festhält. Wir sind alle so erdverhaftet. Der Zölibat ist ein Zeichen, dass es auch noch eine andere Dimension des Lebens gibt.
Glauben Sie nicht, dass das viele Männer abschreckt, Priester zu werden?
Die evangelische Kirche, wo Pastoren heiraten dürfen, hat auch einen Mangel. In der orthodoxen Kirche ist es genauso. Auch dort heiraten die Priester. Aber die haben teilweise noch größeren Priestermangel. Das kann nicht der alleinige Grund sein. Die müssten dann ja eine „Priesterschwemme“ haben.
Sie beerben Andreas Laun, der seit mehr 22 Jahren Weihbischof ist (er geht am 13. Oktober in Pension, Anm.). Welches Verhältnis pflegen Sie zu ihm?
Ich habe zu ihm immer ein ganz gutes Verhältnis gehabt. Wir schätzen einander. Jeder hat sein Profil, das er entwickelt hat. Ihm waren bestimmte Themen ganz wichtig. Ich werde das auch zur Sprache bringen, was mir wichtig ist. Wir werden weiter den Kontakt pflegen. In bestimmten Sachfragen muss man allerdings nicht immer einer Meinung sein.
Inwiefern ist er in seiner Amtsführung ein Vorbild für Sie?
Weihbischof Andreas Laun hat die Themen, die ihm wichtig sind, konsequent verfolgt. Das ist eine wichtige Tugend. Konsequent ein Ziel zu verfolgen. Und nicht so flatterhaft zu sein und sich nach dem Wind zu richten. Andreas Laun war sicher kein Bischof, der das getan und den Menschen nach dem Mund geredet hätte. Das schätze ich auch, dass jemand zu seiner Position steht.
Andreas Laun hat medial immer wieder für Aufregung gesorgt: Als Abtreibungsgegner, Islam-Kritiker und mit schwulenfeindlichen Äußerungen. Inwieweit teilen Sie seine Weltanschauungen?
Man muss unterscheiden zwischen der Wortwahl und dem, was er sagen wollte. Er hat ja wirklich viele wichtige Positionen vertreten. Weihbischof Laun hat seine Meinung oft mit sehr massiven Worten zum Ausdruck gebracht, sodass die Leute aufgeschreckt sind. Man kann einen Sachverhalt aber auch anders darlegen. Mir ist immer wichtig, eine Sprache zu finden, die auch verstanden wird und niemanden auszuschließt. Ich möchte sicher nicht polarisieren, das ist nicht mein Weg. Ich möchte die Menschen zusammenführen. Das ist meine Überzeugung.
Zurück zur Frage: Inwieweit teilen Sie Launs Anschauungen, die er vertreten hat?
Wenn es um den Lebensschutz geht – das war ihm ein Herzensanliegen –, dann ist das natürlich überhaupt keine Frage. Das ist ja ein zentrales Anliegen der Kirche insgesamt. Da stehe ich dahinter, voll und ganz.
Und die Kritik am Islam?
Da ist die Frage, was man mit dem Islam meint. Es gibt radikale und moderate Richtungen. Grundsätzlich müssen wir um ein gutes Miteinander bemüht sein. Das kann auch nur durch das Gespräch entstehen. Und auch da möchte ich Polarisierungen vermeiden.
Eine "Ehe für alle" ist sicher nicht der Weg der Kirche. Denn der Mensch ist als Mann und Frau geschaffen. Das sagt schon der schlichte Hausverstand. Alles anderes ist etwas Gekünsteltes, das viele Menschen überhaupt nicht verstehen. Eine Ehe ist zwischen Mann und Frau. Das ist eine Grundbotschaften der Bibel.
In Deutschland ist die gleichgeschlechtliche Ehe bereits beschlossen worden. In Österreich dürfte es nur eine Frage der Zeit sein. Bereitet Ihnen das Sorge?
Was heißt Sorge? Natürlich denke ich darüber nach, was dieses Signal bedeutet. Viele solcher Signale können ja leicht zu einem Dammbruch führen. Da muss man sicher sehr vorsichtig sein und nicht blauäugig in den Tag hinein leben. Es ist ja so: Die Kirche kann nicht hergehen und das verhindern. Aber die Kirche muss immer dann auch selbstbewusst die Stimme erheben, wenn es darum geht, wenn in der Gesellschaft Wege eingeschlagen werden, die nicht biblisch sind. Sonst ist es einseitig. Die Haltung der Kirche fällt sicher immer zugunsten der Menschen aus, weil wir uns für sie in allen Lebenslagen einsetzen.
Salzburg hat jetzt mit Ihnen drei Bischöfe. Tirol wartet seit mehr als eineinhalb Jahren auf einen neuen Erzbischof. Wie verfolgen Sie das?
Ich fühle mit der Diözese Innsbruck. Ich würde mich auch freuen, wenn sie bald einen Bischof bekommen würden. Die Zeit ohne Bischof ist schon lang. Ich habe Verständnis dafür, wenn manche ungeduldig werden. Deswegen bete ich darum und wünsche mir, dass bald ein Bischof ernannt wird.
Waren Sie für dieses Amt in Innsbruck auch im Gespräch?
Gesprochen wurde viel (lacht). Da müssen Sie jemand anderen fragen, da bin ich nicht der richtige Ansprechpartner. Mich hat der Apostolische Nuntius in Wien als Vertreter des Papstes gefragt, ob ich bereit bin, Weihbischof in Salzburg zu werden, weil er mich dazu ernannt hat. Das war seine Frage und damit auch die Frage des Papstes, die er mir weitergeleitet hat.
Wäre das Amt in Innsbruck für Sie als Tiroler nicht reizvoll gewesen?
Ich bin froh, dass ich Weihbischof in Salzburg sein kann. Weil in meiner Brust schlagen zwei Herzen (lacht): Ich bin gebürtiger Tiroler mit Freude, aber kirchlich bin ich ein Salzburger. Weil meine Heimatgemeinde Stumm (im Tiroler Zillertal, Anm.) zur Erzdiözese Salzburg gehört. Die Frage, ob es mich gereizt hätte, stellt sich nicht. Man bewirbt sich ja nicht als Weihbischof, man wird ernannt. Das ist der große Unterschied: In der Kirche wird man gefragt, dahinter steht die Berufung. Es geht nicht um Karriere in der Kirche.
Hofers Weg führte früh in die Stadt Salzburg. Er besuchte das erzbischöfliche Privatgymnasium Borromäum, trat 1971 ins Priesterseminar ein und studierte Theologie in Salzburg und Innsbruck. Er wurde 1976 in Salzburg zum Diakon und zum Priester geweiht und war ab 1977 Sekretär von Erzbischof Karl Berg sowie Domzeremoniär. 1979 promovierte er zum Doktor der Theologie an der Theologischen Fakultät der Universität Salzburg, wurde Kooperator in der Stadtpfarre Hallein und 1984 Pfarrer in Mittersill und Hollersbach. 1992 folgte die Ernennung zum Ordinariatskanzler und Personalreferenten der Erzdiözese Salzburg sowie auch die Berufung ins Salzburger Domkapitel.
Seit 2006 ist Hansjörg Hofer Generalvikar der Erzdiözese und somit Stellvertreter des Erzbischofs in allen Verwaltungsangelegenheiten. Im Oktober 2015 wurde er zum Domdechant gewählt. Er ist zudem Mitglied in zahlreichen Gremien der Erzdiözese.
Aufgaben des Weihbischofs
Aufgabe eines Weihbischof ist es, den Diözesanbischof bei der Leitung der Diözese zu unterstützen. Er übernimmt bestimmte Aufgabenbereiche, etwa für eine Region, Personengruppen oder besondere Felder der Seelsorge. Ein Weihbischof trägt nach seiner Weihe die bischöflichen Insignien wie Ring, Hirtenstab und Mitra. Er leitet keine eigene Diözese, doch wird ihm der Bischofssitz einer untergegangenen Diözese als Titularbistum zugeordnet. Bei Hofer ist dies die untergegangene Diözese Abziri im nördlichen Tunesien.