Chronik/Österreich

Lokalbahnen fahren auf Erfolgsspur

Die Lücke wurde mit einer neuen Brücke geschlossen. 600 Meter Gleise und 30 Millionen Euro waren dazu nötig, die Gmundner Straßenbahn in Oberösterreich mit der Traunseebahn zu verknüpfen.

Am vergangenen Wochenende wurde die Eröffnung nach vier Jahren Bauzeit mit großem Trara in der Stadt gefeiert. Die Hoffnung der Lokalpolitik für die Zukunft ist, dass der Pkw-Verkehr in Gmunden reduziert wird. „Wir wollen für die täglichen Fahrten eine Alternative zum Auto bieten, die angenehm zu benützen ist“, sagt SPÖ-Mobilitätsstadtrat Wolfgang Sageder. Entlang der Linie, die bis nach Vorchdorf führt, wird viel gebaut. Schüler und Berufspendler sind die wichtigste Zielgruppe des neuen Angebots.

Was heute Grundlage für ein Erfolgsprojekt sein soll, wäre in den 1990er-Jahren beinahe verschwunden. „Die Straßenbahn war von der Einstellung bedroht. Auch die Traunseebahn war nie eine Massenbahn. Sie hat erst in den vergangenen zehn Jahren eine Renaissance erlebt“, erinnert sich Sageder. Es war der Zeitgeist der 1970er- und 80er-Jahre, dass die Zukunft der Mobilität allein Auto und Bus sind. „Damals sind viele Lokal- und Regionalbahnen gestorben“, erinnert sich der SPÖ-Stadtrat.

In der jüngeren Vergangenheit hat ein Umdenken eingesetzt, dass eine Aufblühen vieler beinahe am Abstellgleis gelandeter Linien eingeleitet hat. Seit 2012 haben die Regionalbahnen die Passagierzahlen auf 36,5 Millionen jährlich gesteigert. Ein Plus von 12 Prozent.

Trendwende

Die größten Gewinner sind zwei Tiroler Regionalbahnen (siehe Grafik), um die es in der Vergangenheit ebenfalls nicht immer rosig bestellt war. Rund um die Jahrtausendwende machte die Stubaitalbahn noch mit Debatten um die Finanzierung von Abgängen Schlagzeilen. Nun weist sie das größte Fahrgastplus aller heimischen Regionalbahnen auf. „Die Strecke wurde generalsaniert. Auf ihr verkehren neue Straßenbahngarnituren. Früher haben vor allem Schüler und Pendler die Linie genützt. Inzwischen ist sie nicht nur in den Morgenspitzen, sondern den ganzen Tag über gut ausgelastet“, sagt Roland Gabl, Betriebsleiter bei den Innsbrucker Verkehrsbetrieben. Für die verbesserte Auslastung sorgen auch Touristen, bei denen die Linie, die von Innsbruck durch malerische Landschaft ins Stubaital führt, ebenfalls beliebt ist.

Von der Kombination Pendler und Urlauber profitiert auch die Nummer zwei im Ranking, die Zillertalbahn. Vor einem Jahr konnte sie nach Ewigkeiten wieder einmal schwarze Zahlen präsentieren. Sie führt von Jenbach im Inntal in das staugeplagte und vom Tourismus geprägte Zillertal hinein.

Die Strecke soll nun ebenfalls als Alternative zur Pkw-Fahrt attraktiviert und ausgebaut werden. Und der Antrieb des Zugs soll umweltschonender werden. Noch wird er von Dieseltriebwagen gezogen. Ab 2022 soll die Zillertalbahn zur ersten Schmalspurbahn der Welt mit Wasserstoffantrieb werden.

„Totgesagte leben länger“, sagt Alexander Jug, Chef des Verkehrsverbund Tirol (VVT) zur positiven Entwicklung der Lokalbahnen.

Der VCÖ ortet noch mehr Entwicklungspotenzial. So plädiert er etwa für eine stärkere Frequenz auf der Inneren Aspangbahn, die von Wien in den Süden der Metropole führt. Für den Pendlerverkehr zwischen dem Mühlviertel und Linz wäre laut dem Verkehrsclub der rasche Ausbau der Mühlkreisbahn empfehlenswert.

Alle Inhalte anzeigen

„Jede Regionalbahn muss alle ihre Potenziale ausnützen“

Markus Gansterer vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ) ortet ein gesellschaftliches Umdenken, das zum Erfolg der Lokalbahnen geführt hat.

KURIER: Warum sind viele früher bereits totgesagte Lokalbahnen nun wieder im Aufwind?
Markus Gansterer: Bahnfahren hat in den vergangenen Jahren generell einen starken Schub erlebt, auch weil sich das gesellschaftliche Bewusstsein dahin gewandelt hat, dass Pendeln mit der Bahn günstiger und entspannter ist. Und die Politik hat verstanden, dass die Qualität der Verkehrsmittel passen muss. Man hat gesehen, dass Lokal- und Regionalbahnen ein wichtiger Teil der Infrastruktur sind.

Was ist entscheidend für den Erfolg einer Lokalbahn?
Jeder Regionalbahn muss schauen, dass sie alle ihre Potenziale ausnützt. Der Pendler- und der Urlauberverkehr sind dabei zwei wichtige Aspekte. Der touristische Faktor ist für viele Betriebe wichtig für die Auslastung. Auch die Verbindung zu anderen Bahnen ist ein entscheidender Punkt.

Bahnfahren boomt insgesamt. Warum nimmt gleichzeitig aber auch der Individualverkehr auf der Straße zu?
Die Gesellschaft ist insgesamt mobiler geworden. Die Autoverfügbarkeit ist gestiegen. Aber die Bahn hat sich nicht abhängen lassen. Die Kilometer und Passagierzahlen müssen aber steigen. Das große Ziel muss sein, dass mehr Wege mit der Bahn als mit dem Auto gemacht werden. Aus Befragungen wissen wir, dass bei Bahnfahrern mehr Verbindungen ganz oben auf der Liste stehen.