Linzer Dschihadisten-Prozess: Aufmarsch der Zeugen
Im Linzer Dschihadisten-Prozess, in dem drei Männer wegen des Verbrechens der staatsfeindlichen Verbindung auf der Anklagebank sitzen, hat am Freitag der Aufmarsch der Zeugen begonnen. Ihre Aussagen blieben zum Teil vage. Die Verhandlung soll von 4. bis 7. Mai fortgesetzt werden. Der Prozess in Linz steht im Zusammenhang mit im Vorjahr gefällten Urteilen des Grazer Landesgerichts, die der Oberste Gerichtshof teilweise aufgehoben hat.
Die Neuverhandlung wurde nach Linz delegiert, da die Angeklagten aus einem Glaubensverein aber auch Zeugen großteils von dort stammen. Der weitere Verhandlungsplan sieht vor, dass am 4. und 5. Mai Sachverständige ihre Gutachten erläutern und weitere Zeugen befragt werden sollen.
Am 6. Mai sollen die Plädoyers erfolgen, am 7. Mai der Start der Beratungen der Geschwornen.
Ehefrau verweigerte Aussage
Die Ehefrau eines der Angeklagten machte am Freitag von ihrem Recht Gebrauch, sich der Aussage zu entschlagen. Die Schwägerin eines weiteren sagte dagegen aus. Ihr Ehemann nahm am Krieg in Syrien teil. Ihr aktueller Wissensstand ist, dass er dort in einem Gefangenenlager von kurdischen Milizen festgehalten wird.
Das Ehepaar war 2013 in die Türkei ausgewandert. Dort arbeitete der Mann in einem Handyshop. Dabei sei er mit Personen in Kontakt gekommen, die ihn bewogen, im Dschihad in Syrien zu kämpfen. Sie habe bemerkt, dass sich ihr Ehemann verändere. Er habe lieber Zeit mit diesen „Freunden“ verbracht, sich vermehrt mit der Religion beschäftigt und sich einen langen Bart wachsen lassen. Ihm sei ein Leben ohne Sorgen in Syrien versprochen worden.
Er sollte dorthin mit seiner Frau und dem neugeborenen Kind übersiedeln. Er wollte jedoch warten, bis der Nachwuchs älter sei. Dann sei er 2015 allein aufgebrochen. Die Frau lebte noch bis 2019 in der Türkei von Schwarzarbeit und Ersparnissen, dann kehrte sie nach Österreich zurück.
Inhalt nicht verstanden
Ob die Angeklagten im Verein ihren Mann zur Teilnahme am Dschihad animiert hätten, könne sie nicht sagen. Sie habe zwar ihren Mann dorthin begleitet, habe aber damals noch nicht die türkische Sprache beherrscht und deshalb den Inhalt der Vorträge und Unterhaltungen nicht verstanden. Hinweise auf radikalen Islamismus habe sie nicht bemerkt.
Ein weiterer Zeuge, der ab 2010 drei oder vier Jahre regelmäßig den Verein besuchte, hat laut seiner Aussage ebenfalls keine Anzeichen registriert. Beim Imam habe er keine Verbindungen zum Dschihad gesehen, der habe ihn ausdrücklich abgelehnt.
Ein Verwandter des Imam, der sich auch der Aussage entschlagen könnte, weil gegen ihn ein Verfahren wegen terroristischer Vereinigung und Terrorfinanzierung anhängig ist, sagte aus. Er betonte ebenfalls, dass im Verein ab und zu über den Islamischen Staat und den Dschihad geredet worden sei, diese jedoch abgelehnt worden seien, „weil das zu weit geht“. Auf etliche Fragen antworteten die Zeugen immer wieder, dass ihnen dazu nichts bekannt sei.
Arbeitskollegen
Am Nachmittag kamen weitere sechs Zeugen, überwiegend Arbeitskollegen des angeklagten Schriftführers des Vereines. Diese erklärten, der Beschuldigte habe nie mit ihnen über Glauben oder Politik gesprochen. Sein früherer Nachbar zeigte völlig schockiert, dass er als Zeuge im Zusammenhang mit Terrorismus vom Gericht geladen wurde. Der Kontakt sei nicht viel mehr als ein gegenseitiges „Hallo“ gewesen. Doch auch er bekräftigte, nichts Auffälliges bemerkt zu haben.
Noch einmal spannend wurde es beim letzten Zeugen, einem Gewerbetreibenden, der sich als „Freund“ des Imam und des Schriftführers deklarierte. Er ließ schon bei der richterlichen Belehrung, er müsse als Zeuge die Wahrheit sagen, aufhorchen: „Ich bin Moslem, ich muss immer die Wahrheit sagen“.
Zwangspause
Im Verein sei der Islamische Staat abgelehnt worden, sagte er dann. „An dem ist nur der Name islamisch“ und „Wir hatten andere Themen, als über diese komischen Trotteln zu diskutieren“. Auf die Frage, wie er sich denn einen islamischen Staat vorstelle, antwortete er dem beisitzenden Richter, die Antwort finde er im Koran. Er sei kein Korangelehrter, um das erklären zu können, aber das Buch bestimme das Zusammenleben, nur der Schöpfer könne vorschreiben, was zu tun ist.
Da hakte der Staatsanwalt ein: Ob er einen Staat wolle, in dem die Scharia gelte? Ja, er wolle sie für Österreich und die ganze Welt. Das sei eine Folge der vom Imam gepredigten radikal islamistischen Ideologie, urteilte der Staatsanwalt. Er verwies auf die Körperstrafen der Scharia beispielsweise Enthauptungen und Hände abschlagen und schlug dem Zeugen vor, wenn er mit dem politischen System in Österreich nicht einverstanden sei, solle er daraus verschwinden.
Der antwortete: „Sie haben nicht zu entscheiden, wo ich hingehen soll. Ich bin ein Mühlviertler“. Die Dialoge schaukelten sich immer mehr auf, bis der vorsitzende Richter wieder eine Zwangspause zur Beruhigung der Gemüter anordnete. Danach lobte der Zeuge den Imam in den höchsten Tönen als sozial und hilfsbereit. Dieser habe in seiner Anwesenheit nie etwas gegen den Staat Österreich gesagt und auch niemand für den Dschihad angeworben.