Kurze Verjährungsfrist schützt Hetzer
Von Ricardo Peyerl
Die Einstellung eines Strafverfahrens wegen eines rassistischen Postings auf der Facebook-Seite eines FPÖ-Politikers könnte beim Gesetzgeber Handlungsbedarf auslösen: Ist die Verjährungsfrist für die Verbreitung solcher Hassbotschaften zu kurz?
Am 20. September 2014 wurde von einem Unbekannten auf der Facebook-Seite des damaligen FPÖ-Klubobmanns in Vorarlberg, Dieter Egger, die Fotomontage eines dunkelhäutigen Kindes in einer Kloschüssel mit folgendem Text (samt orthografischen Fehlern) unterlegt: "Moin, Moin, nun erstmal ... nen Neger durch die brille Boxen." Laut Egger, bekannt durch seinen "Exil-Juden"-Sager und heute FPÖ-Bürgermeister von Hohenems, werden solche Postings sofort gelöscht.
Sonderregelung
Die Grünen Abgeordneten Harald Walser und Albert Steinhauser verlangten Aufklärung. In der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage begründet Justizminister Wolfgang Brandstetter die Einstellung nun mit Verjährung. Das Hass-Posting wird als sogenanntes Medieninhaltsdelikt gewertet, für das als Sonderregelung die Verjährung nach einem Jahr gilt. Dem Strafgesetz nach beträgt die Verjährungsfrist für Verhetzung fünf Jahre.
Der Linzer Strafrechtsprofessor Alois Birklbauer stößt ins gleiche Horn: "Es gibt ein Ungleichgewicht. Die Privilegien der kürzeren Verjährungsfrist sind hier nicht nachvollziehbar." Birklbauer meint, wenn Hasspostings im Netz dauernd zugänglich bleiben, müsste man eventuell auch den Verjährungszeitraum neu bemessen.
Mehr Verurteilungen
Im Justizministerium verweist man darauf, dass Medieninhalte (wozu auch Facebook-Einträge gezählt werden) rasch publik würden, die Verjährungsfrist von einem Jahr daher angemessen sei. Wolfgang Brandstetter streicht in der Anfragebeantwortung das engagierte Vorgehen der Anklagebehörden gegen Verhetzung heraus, was sich unter anderem im Anstieg der Verurteilungen zeige: Während es 2012 nur 13 gab, wurden 2015 bereits 48 Schuldsprüche gezählt.
Der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser nennt Facebook & Co den "Hauptkriegsschauplatz" der Verhetzung. Rassisten und andere Aufrührer verbreiten über diese Medien mistkübelweise Unrat und dürfen sich dann dank Gesetzgeber hinter dem Medienrecht verstecken, als wären sie seriöse Journalisten. Die dort geltende kürzere Verjährungsfrist von einem Jahr passt nicht (mehr) zur zigfachen Verbreitung von hassgetränkten Äußerungen übers Internet. Und auch nicht dazu, dass quasi ohne Ablaufdatum existent bleibt, was einmal ausgesandt wurde.
"Wir wollen nicht jede Blödheit zu einem Strafverfahren machen", argumentiert Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP), wenn er zu eingestellten Verfahren gefragt wird. Eh nicht. Aber die Verfolgung von Hetzern, die sogenannte "soziale Netzwerke" zum Schüren des Fremdenhasses missbrauchen, darf nicht an kurzen Verjährungsfristen scheitern.