Chronik/Österreich

In 15 Schulen sind Sozialarbeiter als Konfliktlöser unterwegs

Ein 13-jähriger Schüler greift sich das Handy eines Mitschülers, demoliert die Sim-Karte. Er ist noch nicht strafmündig, aber Schulverweis und schlechter Start ins Leben scheinen vorgezeichnet. Ein Sozialarbeiter nimmt sich den Buben zur Brust, bringt ihn dazu, sich bei der Lehrerin zu stellen und die Sache zu bereinigen: Er hat noch eine Sim-Karte daheim, schenkt sie dem Mitschüler, entschuldigt sich.

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„Er ist erhobenen Hauptes heil aus der Sache herausgekommen“, sagt Johannes Bernegger von Neustart. In 15 Schulen vorerst nur in Salzburg und OÖ läuft das Präventionsprojekt der Schulsozialarbeit. Jede Woche ist ein Sozialarbeiter vier Stunden in der Schule. In vertraulichen Gesprächen löst er soziale Konflikte oder stoppt aufkeimende kriminelle Aktivitäten. Nur bei Gefahr im Verzug muss das Jugendamt verständigt werden. „In der Regel sind die Jugendlichen froh, wenn man das in die Hand nimmt und anbietet, mit Eltern oder Lehrern zu sprechen“, sagt Bernegger.

Ein Bursch sagt zu einem Mädchen türkischer Abstammung: „Du hast geile Titten.“ Das Mädchen berichtet dies daheim den Brüdern, dann dem Sozialarbeiter. Dem Burschen war nicht klar, dass er damit das Mädchen abgewertet hat. Er wusste bloß nicht, wie er seine Bewunderung ausdrücken solle. Vor der Schule warteten schon die Brüder auf den Burschen, eine Abreibung wäre ihm gewiss gewesen. Am Ende stand jedoch ein Handshake.

Sozialnetzkonferenz

Auch das von Neustart entwickelte Modell Sozialnetzkonferenz wäre ausbaufähig. Von August bis Dezember 2013 wurden damit 18 jugendliche Straftäter vorzeitig aus der U-Haft geholt. Einer von ihnen ist der 16-jährige Samir (der KURIER berichtete), der nach einem Handtaschen-Raub verhaftet wurde. Ein Koordinator versammelte Mutter, Bewährungshelfer, einen Freund der Familie um einen Tisch und schmiedete einen Plan, der dem Haftrichter vorgelegt wurde: Schadensgutmachung, Lehrplatz als Koch, Freizeitstruktur (Samir geht regelmäßig ins Fitnesscenter), ab 20 Uhr Hausarrest. Das klappt bei Samir seit einem halben Jahr sehr gut. Und auch bei den 17 anderen, keiner wurde rückfällig.

Den Lokalaugenschein in der Wohngruppe bringen wir morgen.

Bisher erschienen:

Die Jugendhaft auf dem Prüfstand

Jugendhaft neu: Viel Kosmetik

Interview: „Weniger Haft ist uns ein Anliegen“

Abschreckungsmodell: Probesitzen im Gefängnis