Gefährdung von Kindern hat im Coronajahr stark zugenommen
Die Spitäler und dort vor allem die Intensivstationen sind der augenscheinlichste Gradmesser der negativen Folgen der Pandemie. Aber auch abseits von Infektionen sind die Folgen massiv. Das zeigt beispielhaft eine Statistik der Stadt Innsbruck für das Jahr Corona-2020, die am Freitag veröffentlicht wurde.
Demnach gingen beim Amt für Kinder- und Jugendhilfe im Vorjahr rund 1.200 Gefährdungsmeldungen ein. Das ist ein Anstieg im Vergleich von knapp 37 Prozent gegenüber 2019, wo es 880 Meldungen waren, wie es in einer Aussendung hieß. Das sei den psychosozialen Belastungen und Problemen in Familien durch die coronabedingten Einschränkungen geschuldet.
„Durch die lange Zeit der Überforderung kann sich die Lage zu Hause aufschaukeln und ein gewaltgeprägtes Erziehungsverhalten durch die Eltern entstehen“, sagt Sozialstadtrat Johannes Anzengruber (ÖVP).
Gefährdungsmeldungen sind Mitteilungen von Personen oder Organisationen an die Kinder- und Jugendhilfe über den Verdacht, dass Eltern mit der Versorgung der Kinder überfordert sind oder diese vernachlässigen, misshandeln oder missbrauchen.
Die meisten Gefährdungsmeldungen in Innsbruck im Jahr 2020 wurden von der Polizei (354-mal) sowie von nicht meldungspflichtigen Personen wie Nachbarn, anderen Verwandten, Freunde, einem Elternteil oder anonymen Meldern eingebracht (321-mal).
Überforderung
Die am häufigsten genannten Gründe waren Überforderung der Eltern oder der Verdacht auf Vernachlässigung bzw. Verwahrlosung des Kindes. Jede Gefährdungsmeldung werde durch Sozialarbeiter nach dem Vier-Augen-Prinzip überprüft, erklärte Amtsvorstand Raphael Hölbling. Es gehe darum, „Minderjährige vor körperlicher und psychischer Gewalt, Vernachlässigung, Verwahrlosung sowie sexuellem Missbrauch zu schützen“.
Ein Sicherungsnetz ist ebenfalls coronabedingt löchrig geworden. Denn bei Meldungen aus Schulen gab es entgegen dem allgemeinen Trend nur einen geringfügigen Anstieg von zehn Prozent, aus den Kindergärten einen Rückgang von 40 Prozent.
Als möglicher Grund wurde unter anderem die Unterbrechung von Kommunikationswegen durch Schließungen von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen genannt.
„Jene Familien, die hier vor besonderen Schwierigkeiten stehen, sind eingeladen, sich an das Amt für Kinder- und Jugendhilfe zu wenden und Beratung und Hilfe in Anspruch zu nehmen“, appelliert Anzengruber.