Chronik/Österreich

Flüchtlinge: Neuer Druck aus Pakistan und Afrika

Nicht nur der Burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl fürchtet einen neuen Migrationsdruck an der Ostgrenze. Der bulgarische Verteidigungsminister Nikolaj Nentschev und Innenministerin Rumjana Batschwarowa sehen auch Bulgarien als zukünftiges Hauptdurchzugsland. Nach den aktuellen Geheimdienstanalysen könnte Österreich dieses Jahr von drei Seiten unter Druck kommen.

Beobachter sind sich einig: Trotz des EU-Türkeideals wird der Migrationsdruck auch 2016 weiter steigen.

Weltweite Herkunft

Syrer sind nur mehr ein kleiner Teil des Menschenstromes. Wer unterwegs ist, dokumentiert etwa ein von der griechischen Küstenwache vor Kurzem aufgebrachtes Schlauchboot mit 66 Migranten. Neben 32 Syrern und drei Afghanen haben sich an Bord auch Migranten aus Myanmar, der Dominikanischen Republik, Tadschikistan, dem Südsudan, Guinea, Burundi, Sudan, Sierra Leone, Kuba und Senegal befunden. Am gleichen Tag wurde ein weiteres Boot mit 66 Burmesen aufgebracht.

Afghanistan/Pakistan

Es wird ein weiteres Ansteigen des Stromes aus Pakistan und Afghanistan erwartet. Weit verbreitet ist dort die Meinung: "Wir werden in Deutschland erwartet." Die laufenden Aufklärungskampagnen zeigen kaum Wirkung. Derzeit lösen täglich 3000 Afghanen Reisepässe. Drei Millionen befinden sich bereits in Pakistan, weitere drei Millionen im Iran.

Afrika

Alle Inhalte anzeigen
Jedes Jahr nimmt die afrikanische Bevölkerung um 30 Millionen Menschen zu. Bedingt durch Kriege und die zunehmende Versandung durch die Klimakatastrophe können viele Staaten ihre Bürger nicht mehr ernähren. Derzeit machen sich 80.000 Migranten pro Monat auf den Weg nach Norden. "Der Migrationsdruck aus Afrika auf Europa ist sehr viel größer, als wir bisher wahrnehmen", ist die ernüchternde Erkenntnis des deutschen Staatssekretärs Thomas Silberhorn.

Islamischer Staat

Ein wesentlicher Grund dafür wird zunehmend die Terrormiliz IS. Die wurde bisher für hohe Flüchtlingszahlen aus Syrien und dem Irak verantwortlich gemacht. Durch die Bombenkampagne und kurdische Kämpfer sind die Islamisten im Irak und in Syrien aber unter Druck geraten. Von den 3000 europäischen Söldnern sollen bereits etwa 600 tot sein, 25 Prozent des beherrschten Gebietes gingen verloren.

Irakische IS-Führungskader setzen sich ab. Im November sollen sich 3000 Gotteskrieger in Ägypten festgesetzt haben, 6000 tauchten in Libyen auf und nehmen dort in der Großen Syrte das Zepter in die Hand. In Libyen haben sich bisher nur einheimische Extremisten mit der IS-Flagge "geschmückt".

Mittelmeerroute

Im Gegensatz zum Irak, wo unter anderem mit türkischer Hilfe geeignete Schmuggelrouten für Rohöl zu finden sind, kann der IS in Libyen das dort vorhandene Rohöl nicht außer Landes bringen. Ersatzgeschäfte sind Schmuggel mit Waffen, Suchtgift und Menschen.

Wenn nun den libyschen Küstenfischern das Schleppergeschäft durch den straff organisierten IS aus der Hand genommen wird, würde das nach Beurteilung der Nachrichtendienste einen starken Impuls auf ganz Afrika und die zentrale Mittelmeerroute auslösen.

Alle Inhalte anzeigen
Alleine vergangenen Montag und Dienstag wurden nach Darstellung der italienischen Küstenwache vor der libyschen Küste rund 2400 Migranten aus Booten aufgenommen. Dabei wurden auch drei Leichen an Bord eines Schlauchbootes entdeckt. Die meisten dieser Migranten sollen aus Nigeria, Kamerun, der Elfenbeinküste und Mali stammen. Da die Tendenz stark steigend ist, bereitet Italien jedenfalls jetzt schon vorsorglich zusätzliche Unterkünfte für 50.000 Migranten vor.

Problemfall Brennergrenze

Da diese Menschen großteils nicht in Italien bleiben wollen, könnte dies in der Folge auch die Brennergrenze zusätzlich unter Druck bringen. Wobei die Brennergrenze bereits für beide Seiten ein Problem darstellt. Denn die italienischen Behörden klagen, dass immer mehr Migranten, die es über die Nord- und Ostroute nach Deutschland und Österreich geschafft haben, jetzt über den Brenner nach Süden marschieren.

Nordroute

Auch Estland und Lettland bauen Grenzzäune. In Litauen begannen vergangene Woche Hunderte Grenzschützer, Polizisten und Soldaten eine Übung zur Bewältigung von Krisen an der Staatsgrenze. Dabei soll auch die Wiedereinführung von Personenkontrollen an der Grenze zu Lettland geübt werden. Da schon im Jahr 2015 rund 6000 Asylbewerber über Russland nach Finnland und Norwegen kamen, sind die Balten nun besorgt, dass Flüchtlinge die drei Ostseeländer auswählen könnten, nachdem die Balkanroute geschlossen wurde.