Fast jeder Zweite arbeitet ehrenamtlich
Ob als Mitglied der freiwilligen Feuerwehr, als Altenpfleger oder Fußballtrainer – fast jeder zweite Österreicher engagiert sich ehrenamtlich. Das ergab eine aktuelle Studie des Instituts für empirische Sozialforschung im Auftrag des Sozialministeriums. Demnach leisten 46 Prozent der über 15-Jährigen Freiwilligenarbeit, insgesamt sind es 3,3 Millionen Menschen. 2006 waren es noch drei Millionen.
2006 waren es nur acht Prozent der Freiwilligen, die hofften über diese Tätigkeit einen bezahlten Job zu finden, heute sind es 18 Prozent. Bei den unter 30-Jährigen engagiert sich fast jeder Dritte, um seine Jobaussichten zu verbessern.
Die tatsächlichen Auswirkungen auf die Chancen am Arbeitsmarkt dürften aber gering sein: „Natürlich ist es wichtig, vielseitig interessiert und engagiert zu sein. Freiwilligkeit im Lebenslauf wirft ein gutes Licht auf die Person. Ob das aber tatsächlich für einen Berufseinstieg genügt, ist fraglich und kann nicht verallgemeinert werden“, sagt AMS-Sprecherin Beate Sprenger.
Wichtig scheint freiwillige Arbeit nur in bestimmten Bereichen zu sein. „Wenn man im Sozial- und im wissenschaftlichen Bereich Fuß fassen möchte, spielt Freiwilligkeit eine große Rolle, in normalen Unternehmen aber eher weniger“, sagt Personalberater Martin Mayer von Iventa.
Nachbarschaftshilfe
Insgesamt leisten Österreichs Freiwillige mehr als 15,5 Millionen Stunden ehrenamtliche Arbeit pro Woche. Unterschieden wird dabei zwischen der Arbeit in Organisationen und Vereinen, in denen rund 28 Prozent der Österreicher tätig sind, und der Nachbarschaftshilfe, wo die Zahlen höher sind. So helfen etwa 31 Prozent unentgeltlich beim Einkauf, der Kinderbetreuung oder der Gartenarbeit. 13 Prozent sind in beiden Bereichen aktiv.
Die meisten ehrenamtlichen Tätigkeiten entfallen auf Sport- und Turnvereine. Ebenfalls viele engagieren sich im Bereich Kunst und Kultur, in der Katastrophenhilfe und im Rettungsdienst. Zwischen drei und vier Prozent der Bevölkerung sind im Umwelt-, Sozial- und Bildungsbereich tätig, darunter besonders viele Frauen. Insgesamt sind 48 Prozent der Freiwilligen Frauen und 52 Prozent Männer. Sehr oft arbeiten Migranten unentgeltlich: 49 Prozent sind Freiwillige. Dabei spielt die Nachbarschaftshilfe eine große Rolle. In Vereinen engagieren sich nur 22 Prozent.
Um noch mehr Leute zum Freiwilligendienst zu animieren, findet am 12. und 13. Oktober zum zweiten Mal eine Freiwilligenmesse im Museum für angewandte Kunst in Wien statt.
Bei ihrem Maturaprojekt schrieb sie über „Armut in Österreich“. Seitdem lässt Lidija Damnjanovic dieses Thema keine Ruhe. Seit zweieinhalb Jahren ist die Röntgenassistentin ehrenamtlich bei der Caritas tätig.
Ein bis zwei Mal die Woche hilft die Österreicherin mit serbischen Wurzeln in der Zweiten Gruft, einer Notschlafstelle für EU-Bürger. Ihre Serbisch-Kenntnisse helfen bei der Kommunikation mit den nicht-österreichischen Obdachlosen. „Durch meine Arbeit in der Zweiten Gruft, habe ich erkannt, wie glücklich ich mich schätzen kann“, sagt die 34-Jährige. „Und wie wertvoll es für die Menschen ist, wenn man ihnen mit ein bisschen Menschlichkeit begegnet. “
Seit Kurzem gibt Damnjanovic zusätzlich auch noch Deutschunterricht in einem Heim für Asylwerber.
„Ich habe immer schon großes Interesse am Sprechtheater gehabt“, erinnert sich Privatzimmervermieterin Christa Karpischek aus Krems. Als sie von der Gründung der Bühne am Hohen Markt erfuhr, wollte sie unbedingt mitspielen. Seit 1996 übernimmt sie zumindest eine Rolle, investiert gut vier Stunden pro Woche während der Probenzeit, und das obwohl sie „wahnsinniges Lampenfieber“ plagt. Darüber hinaus organisiert sie Kostüme, hat ihren Lebensgefährten als Bühnenbildner engagiert. „Alles kostet viel Zeit. Aber ohne Bühne würde mir im Jahreslauf etwas abgehen. Außerdem ist das eine sehr nette Truppe“, erzählt Karpischek, die im August im „Lumpazivagabundus“ auftritt. Daneben ist sie auf der Suche nach einem neuen Lagerraum für Kostüme und Inventar.
Dass die Enkeltochter mitspielt, war zusätzliche Motivation: Seit Juli 2012 trainiert Bernhard Sandrisser, 51, die U 7-Mannschaft in Klagenfurt-Viktring. Drei Mal pro Woche fegt er mit den Vier- bis Sechsjährigen jeweils eine Stunde über den Fußballplatz.
Und das macht der Vertragsbedienstete um Gottes Lohn: „Mir gefällt einfach der Kampfgeist der Kinder. Insgesamt trainiere ich 34 Buben und zwei Mädchen – die laufen und spielen und hören erst auf, wenn sie müde sind.“
Sandrisser ist seit zwei Jahren Nachwuchsleiter des Fußballklubs in Viktring. Er absolvierte einen Trainerkurs, um seine Einheiten auf eine fundierte Basis zu stellen. Wenn er von den Stunden mit den Kleinen erzählt, leuchten seine Augen: „Das ist einfach eine wunderschöne Aufgabe.“