Chronik/Österreich

Ex-Kampfpilot Fredo und der 750-km/h-Looping

Are you ready?“, höre ich Frédéric knarzend über mein Headset fragen. „Ready for what?“, gebe ich entspannt zurück, als ich meinen Blick über die Landschaft unter mir schweifen lasse. Bereit für die bis zu fünf G (fünffache Schwerkraft), die gleich auf meinen Körper einwirken werden. Bereit, meinen Begriff von „oben“ und „unten“ neu zu definieren. Bereit für einen Looping bei fast 750 km/h, den der Ex-Kampfpilot schon Hunderte Male vollführt hat. Für mich – eine komfortverwöhnte Linienpassagierin – ist das neu. Statt Tomatensaft mit einer Prise Pfeffer gibt’s Kaugummi gegen Übelkeit.

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Frédéric Schwebel, mit Spitznamen „Fredo“, war 20 Jahre lang bei der französischen Air Force, seit zehn Jahren fliegt er als einer von sieben Kunstflugpiloten für das Jet-Team der Schweizer Nobelmarke Breitling, der größten zivilen Flugstaffel der Welt. Ein Jahr lang waren die Kunstflieger auf Welttournee. Am Mittwoch machten sie auf dem Heimweg nach Dijon, Frankreich, einen Zwischenstopp am Linzer Flughafen in Hörsching. In Wien gab es keine Flugerlaubnis – zu viel Verkehr, erklärt Jacques Bothelin, der die Staffel anführt. „Österreich begrüßt uns mit perfektem Flugwetter“, freut sich „Speedy“, wie er genannt wird.

Bloß nichts berühren

„Speedy“ ist gut drauf, kennt aber auch die Risiken seines Jobs: „Wir minimieren die Gefahr durch Präzision und perfektes Teamwork. Beim Formationsfliegen muss man hochkonzentriert sein, weil der kleinste Fehler für alle fatal sein kann.“ Die Jets haben eine Spannweite von 9,46 Metern und wenn sie nebeneinander fliegen, sind oft nur drei Meter dazwischen. Später, beim Formationsflug irgendwo über Oberösterreich, sollte ich dem Piloten im Jet neben mir in die Augen schauen können.

Beim Einsteigen wirkt die Auswahl an Knöpfen, die ich als Co-Pilotin nicht drücken darf, verlockend. Während Fredo an den seinen für den baldigen Start hantiert, setzt mir ein Techniker den Helm auf, zurrt mich am Sitz fest und weist mich an, die Hände an den Schultergurt zu legen. Und um Gottes Willen bloß nicht die Hebel zwischen meinen Beinen berühren. Die sind nämlich für den Schleudersitz.

Ich verinnerliche noch einmal, was mir Red-Bull-Pilot Hannes Arch, der ebenfalls in einem Jet Platz genommen hat, zuvor geraten hat: „Spann die Bauchmuskeln an. Wenn du wie ein nasser Lappen drinhängst, wird dir höchstens schlecht. Und genieß die Aussicht.“

Bei Manövern wie „Barrel Roll“, „360° Turn“ und „Final Break“, bei dem der Jet erst abrupt nach oben zieht, um dann schräg nach links zu driften, wird mir trotzdem schlecht. Fredo fragt im lockeren Plauderton nach meiner Befindlichkeit. „Wonderful“ – und das meine ich Sekunden später auch ernst.

Ob ihm das Fliegen denn auch so viel Spaß macht, ob es ihm den Kick gibt, diese Freiheit über den Wolken?, will ich nach dem Flug wissen. „Ja“, sagt der Franzose trocken. Nachsatz: „Es ist das Lebensgefühl an sich, das Spaß macht. Der Kick kommt erst, wenn man sicher gelandet ist und das Publikum jubelt.“