Chronik/Österreich

Ehepaar durch Gärgas getötet

Vater und Mutter sind tot, die 31-jährige Tochter kämpft im Landeskrankenhaus Graz ums Überleben. Ein Gärgasunfall in Pfarrsdorf bei Bad Radkersburg in der Südoststeiermark hat Samstagabend beinahe eine vierköpfige Familie ausgelöscht.

„In 26 Berufsjahren habe ich so etwas Schlimmes noch nicht erlebt. Auf 15 Quadratmetern haben wir eine Stunde lang Mutter, Vater und Tochter reanimiert, leider mit einem tragischen Ende“. Noch Stunden nach dem Unglück ist Bezirksrettungs-Kommandant Simon Strassgürtl der Schreck ins Gesicht geschrieben. Der Einsatz hat die Rot-Kreuz-Helfer und Männer der Feuerwehr Altneudörfl an ihre Belastungsgrenzen gebracht.

Der Pensionist Alfred S. (63) war am Samstag auf dem Bauernhof seiner Frau Ingrid (54) damit beschäftigt, Mais-Silage in einem Silo einzulagern. Als der zehn Meter hohe Silo etwa zur Hälfte gefüllt war, wollte der Mann anscheinend eine Fräse nachjustieren. Zu diesem Zweck stieg er in den Siloraum. Obwohl das Maismus erst kurze Zeit in dem Behälter war, hatte sich bereits Gärgas gebildet. Alfred S. verlor sofort das Bewusstsein und kippte um. Als die Frau ihren Mann leblos im Silo fand, versuchte sie sofort, ihren Sohn Alfred und die Tochter Karin zu Hilfe zu holen. Der 30-Jährige war gerade beim örtlichen Fischverein bei einer Veranstaltung, als ihn gegen 17.10 Uhr der Anruf der Mutter erreichte. „Komm schnell, der Vater liegt im Sterben“.

Vereinsobmann Gottfried Maier erinnert sich: „Er ist sofort aufgesprungen und weggefahren.“

Am Hof angekommen, konnte der Sohn seine Eltern zunächst nicht finden. Er begann verzweifelt mit der Suche. Als kurz darauf auch die Schwester eintraf, entdeckten sie Vater und Mutter im Futtersilo. „Beide kletterten hinein, um zu helfen. Während die Tochter ebenfalls das Bewusstsein verlor, konnte sich der Sohn gerade noch zurück ins Freie retten“, schildert ein Polizeibeamter.

Verzweifelt

In Panik versuchte Alfred S. den nächsten Nachbarn des Hofes, Bürgermeister Heinrich Schmidlechner, zu Hilfe zu holen. „Er hat mich ganz verzweifelt angerufen, dass alle im Silo liegen und er sie alleine nicht herausbekommt. Leider war ich gerade unterwegs. Die Einsatzkräfte sind aber kurz darauf eingetroffen“.

Nach dem Öffnen der seitlichen Silotüren begannen die Helfer von Feuerwehr und Rotem Kreuz sofort damit, die drei Verunglückten zu bergen.

„Leider hatte die Reanimation nur bei der Tochter Erfolg“, so Strassgürtl. Karin S. wurde mit dem Rettungshubschrauber ins LKH Graz geflogen, ihr Zustand ist kritisch. Ihr Bruder musste psychologisch betreut werden.

Erstickungstod

Bei der Gärung von Silofutter in geschlossenen Anlagen entsteht Kohlendioxid. Das farb- und geruchlose Gas ist schwerer als Luft und auf zwei Arten gefährlich: Es verdrängt den Luftsauerstoff und führt zu Vergiftungen. Bereits acht Prozent Kohlendioxid in der Atemluft können zu Bewusstlosigkeit und schließlich zum Tod durch Ersticken führen. In Konzentrationen von mehr als 18 Prozent wirkt Kohlendioxid schon nach kurzer Zeit tödlich. Bei hohen Nitratgehalten der Silage entstehen bräunlich verfärbte Nitrosegase. Werden diese eingeatmet, kommt es zu Reizungen von Augen, Nase und Rachen.