Die neun Bundesländer wollen in die Schulbücher
Von Martin Gebhart
Es ist eine politische Debatte, die nie abreißt: Welche Rolle sollen die neun Bundesländer in Österreich spielen? Das Spektrum reicht vom Abschaffen bis hin zur Aufwertung der Länderparlamente. Mitten in diesem Tauziehen sind jetzt die Schulbücher ins Visier der Ländervertreter geraten. „Die Darstellung des bundesstaatlichen Prinzips muss verbessert werden“, sagt Karl Wilfing, Landtagspräsident in Niederösterreich. Mit anderen Worten: Die Bundesländer wollen von nun an einen ausführlichen Platz im Geschichtsunterricht oder in der politischen Bildung.
Beschluss der Präsidenten
Auslöser für die Initiative war eine Passage in einem Schulbuch, in dem die Landeshauptleute als „Landesfürsten“ und „Verhinderer“ beschrieben worden sind. Das Buch soll mittlerweile aus dem Unterricht entfernt worden sein. Doch jetzt will man mehr. Bei einem Expertengespräch der Landtage in Linz wurde einerseits dokumentiert, dass besagtes „bundesstaatliche Prinzip“ in den Lernbehelfen mangelhaft dargestellt ist.
Andererseits soll Druck gemacht werden, dass sich das ändert. Wolfgang Steiner, Landtagsdirektor in Oberösterreich: „Wir versuchen das auf verschiedenen Kanälen.“ Es werden Gespräche mit den Bildungsdirektoren, der Schulbuchkommission und natürlich auch dem Bildungsministerium folgen. „Außerdem werden wir genau schauen, wo uns falsche Dinge in den Schulbüchern auffallen“, sagt Wolfgang Steiner.
Anträge in alllen Landtagen geplant
Bei der Konferenz der Landtagspräsidenten vor wenigen Tagen in Tirol waren die Schulbücher erneut ein Thema. Mit dem Beschluss, dass sich die Präsidenten ebenfalls auf „allen Ebenen für eine bessere Erklärung in den Unterrichtsmaterialien einsetzen“, so Karl Wilfing. Ihn ärgern die derzeitigen Lehrinhalte dazu in den Schulen: „Damit fehlt das Verständnis für das Zusammenwirken von Ländern und dem Bund und den damit verbundenen politischen Mitwirkungsmöglichkeiten.“ Jetzt soll es in allen Landtagen dazu Anträge geben.
Unterstützung erhält die Initiative von den Bildungsreferenten der Bundesländer. Die hatten sich diese Woche in Laa an der Thaya (NÖ) zu einer dreitägigen Konferenz getroffen und dabei auch das Schulbuch-Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Von allen wurde die Forderung der Landtagspräsidenten bekräftigt. Das Besondere an dem Treffen: Erstmals waren auch die Bildungsdirektoren aus allen neun Bundesländern mit dabei. Als direkter, verlängerte Arm zu den Schulen ein entscheidender Faktor.
Unsere Bundesländer: Neun verschiedene Verfassungen
Die Bundesländer haben eigene Landesverfassungen, die der Bundesverfassung nicht widersprechen dürfen. Außerdem verfügen sie mit den Landtagen über eigene Legislativ- sowie mit den Landesregierungen über eigene Exekutivorgane. Die Judikative steht dagegen – mit Ausnahme der Verwaltungsgerichtsbarkeit – allein dem Bund zu. Die Länder sind gleichzeitig Verwaltungseinheiten des Bundes; im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung sind Landesorgane auch für den Bund tätig.
Fünf der neun Bundesländer (Niederösterreich, Kärnten, Steiermark, Tirol und Salzburg) sind bereits im Mittelalter entstanden, Oberösterreich wurde unter Joseph II. 1783/’84 selbstständig; Vorarlberg war lange Landesteil Tirols und wurde 1861 eigenständig; 1921 kam das Burgenland, das bis dahin Teil Ungarns war, hinzu. 1922 wurde schließlich Wien von Niederösterreich getrennt.