Chronik/Österreich

Groß-Demo in Wien: "Dieser Weg wird kein leichter sein"

Der deutsche Sänger Xavier Naidoo kann auf eine treue Fangemeinde vertrauen: „Dieser Weg wird kein leichter sein“, tönt es Samstagnachmittag von der Bühne. FPÖ-Politiker Udo Landbauer applaudiert. Sänger Naidoo hat sich in den vergangenen Monaten mit obskuren Verschwörungstheorien hervorgetan und rief auch zur Teilnahme bei der Corona-Demo in Wien auf. Zumindest 40.000 Menschen (Polizeiangaben) gingen am Samstag tatsächlich auf die Straße. Befeuert durch den neuen Lockdown und die Ankündigung der Impfpflicht.

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Schon im Vorfeld war die Stimmung in den einschlägigen Telegram-Gruppen aufgeheizt. Es wurde auch zur Gewalt aufgerufen. Und tatsächlich kam es wieder zu Übergriffen auf Polizisten. Ein Demonstrant versuchte sogar, einem Beamten die Dienstwaffe aus dem Holster zu reißen. Andere bewarfen die Uniformierten mit vollen Bierdosen und Flaschen, zündeten Bengalos. Die Polizei musste auch Pfefferspray einsetzen.

Schon um die Mittagszeit war es auf der Wiener Mariahilfer Straße voll. Während viele noch die letzten Angebote vor dem Lockdown nutzten, zog es viele Richtung Museumsquartier und Heldenplatz, wo Kundgebungen gegen die Corona-Maßnahmen stattfanden.

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Masken-Problem

Vor eine gewaltige Aufgabe stellte die Polizei dabei die geltende Maskenpflicht. Nur wenige Demonstranten hielten sich daran. Das, obwohl die Veranstalter, wie etwa die beim Museumsquartier versammelte FPÖ, mehrmals auf das Tragen hinwiesen, da sonst eine Auflösung der Veranstaltung drohe.

Angeführt hätte die Kundgebung eigentlich Bundesparteiobmann Herbert Kickl. Da er sich aber mit einer Corona-Infektion in Heimquarantäne befindet, meldete er sich per Videobotschaft an die „Bewahrer der Freiheit“. Er zeigte sich kampfbereit und betonte, dass die Regierung bei den neuen Maßnahmen vergesse, dass „alles, was man mit Gewalt bekommt, auch mit Gewalt gehalten werden kann“.

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Auch das von Kickl angepriesene Pferdewurmmittel „Ivermectin“ wurde hochgelobt. So meinte die Grazer Allgemeinmedizinerin Maria Hubmer-Mogg, dass zig Studien zeigen würden, dass dieses Medikament „wunderbar bei Covid-Infektionen“, wirke. Der Hersteller selbst warnt übrigens ausdrücklich davor.

Doch das war nicht die einzige „Information“ mit fragwürdigem Inhalt. So gab es in den diversen Corona-Gruppen auch denkwürdige Impf-Verschwörungen. Angefangen vom Polizeihubschrauber, der Impfstoff auf die Demonstranten versprüht („Körperöffnungen dicht halten!“), über Impfungen aus dem Hinterhalt aus Kanaldeckeln („Hohe Stiefel anziehen!!“) bis zu Impfgewehren der WEGA („Trag am besten drei Schichten Kleidung!“).

Fackeln und Knaller

Neben Verschwörungstheoretikern marschierten am Samstag auch einschlägige Rechtsextreme, Antisemiten und Hooligans. Vermummte und Betrunkene reihten sich an die Spitze des Demozuges, wo sie Beamte anbrüllten und beschimpften. Umso weiter sich der Pulk am Ring fortbewegte, desto heftiger wurden die Ausschreitungen der Teilnehmenden. Immer wieder vernebelten Bengalos die Straßen, auf Höhe der Votivkirche, aber auch vor dem Äußeren Burgtor und vor dem Kunsthistorischen Museum wurden einige Knaller gezündet. Mit Einbruch der Dunkelheit statteten sich die Teilnehmenden mit Fackeln aus. Auf Höhe der Babenbergerstraße eskalierte die Lage dann, Polizisten wurden mit diversen Gegenständen beworfen.

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Die Polizei berichtete schon nachmittags von mehreren Anzeigen und Festnahmen – unter anderem wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und nach dem Verbotsgesetz.

Am späten Nachmittag setzte sich ein harter Kern der Demonstranten nochmals in Bewegung. Mitarbeiter in den zahlreichen Geschäften schauten in ihren letzten Arbeitsstunden vor dem Lockdown auf vermummte Männer mit Fackeln. Einige Passanten quittierten den Demozug mit dem Stinkefinger.

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